Taxi trouble

Die 5.30 Uhr-Aufwachzeit scheint sich irgendwie von selbst eingestellt zu haben. Diesmal dreh ich mich aber nochmal rum um schlafe wahrhaftig bis halb acht. Nach einer Runde Frühstücksfernsehen packe ich alles zusammen (die Sonnenbrille ist immernoch verschollen, keine Ahnung wo ich die verloren habe) und darf meinen Koffer dann im Dining Room stehen lassen, damit ich ihn nicht den ganzen Vormittag mitschleifen muss.

Übrigens haben wir strahlenden Sonnenschein heute …

Diesmal geh ich auswärts frühstücken. Jasmin’s Thai Café, wo ich die leckeren Schweinenudeln geholt hatte, bietet auch Frühstück an, zu moderaten Preisen. Also setze ich mich hinein und bestelle ein minimalistisches Tee-und-Toastfrühstück, mit JAM. Und was kriege ich? Marmalade, zum Kuckuck nochmal, warum lassen sie einem denn die Auswahl wenn sie einem doch immer das gleiche geben? Diesmal geh ich aber zur Theke und bitte höflich um Umtausch. Nach der Erdbeermarmelade muss lange gegraben werden, aber es findet sich schließlich eine neue, noch völlig unangebrochene Palette mit Erdbeerpöttchen in der Kühlung. Na also.
Entschädigt werde ich überraschenderweise mit dem ersten losen Tee in NZ. Richtiger loser schwarzer Tee im Metallkännchen, mit Tassensieb und Auffangschälchen, wie bei Harrods.
Beim Frühstück schaue ich kurz in meine Mails und finde eine Absage für mein geplantes Taupo-Projekt. Wenn sie noch mehr Leute zusammenkriegen kommen sie auf mich zurück – das lässt befürchten dass dieser Plan genauso im Sande verläuft wie der Coastal Walkway auf der Coromandel. Ich lasse mir den Tag noch offen, aber da ich am Tag zuvor so früh anreise dass ich den Nachmittag fast komplett frei habe, buche ich kurzfristig für diesen Zeitraum eine andere Action-Attraktion, und die wird diesmal auch bestätigt.

Gegen 10 schlendere ich Richtung Fluss, diesmal über die Brücke auf die andere Seite wo sich ein kleiner Wanderparkplatz mit Tischen und Bänken befindet, mit Blick aufs Wasser und die Enten die sich dort zanken, und habe viel Zeit um in der Sonne sitzend meinen Blog für den Vortag zu schreiben, und noch ein paar Tripadvisor-Bewertungen hinterher. Als ich fertig bin ist es schon 12 Uhr, also zurück zu Jasmin und einer kleinen Portion Chicken Satay.

Danach zurück ins Hotel um den Koffer zu holen, und dann ab zur InterCity-Haltestelle. Ein junges Mädchen fragt mich ob der Bus der da steht nach Auckland fährt – nein, tut er nicht, vorne steht Palmerston North drauf. „Are you from Germany?“ fragt sie, und als ich nicke  sagt sie „Ich bin aus Darmstadt!“ und wir unterhalten uns eine nette halbe Stunde lang. Sie kann höchstens 19 oder 20 sein, hat im letzten Sommer Abi gemacht und macht jetzt ein gap year, bevor sie zum nächsten Wintersemester ins Studium geht. Im Moment ist sie Au Pair in Auckland. Wir erzählen uns gegenseitig was wir in Neuseeland schon gesehen und erlebt haben. Sie erzählt von den Waitomo Caves und ich von der Canopy Tour. Sie ist Taumarunui gelandet weil sie mit einem Freund von dort ausgehend eine Kanutour gemacht hat, 4 Tage mit Übernachtung im Zelt – und im strömenden Regen. Dagegen kommt mir die kalte Railtour von gestern schon wieder wie eine Luxusveranstaltung vor.

Unser Bus kommt mit Verspätung, und weil der Busfahrer jetzt seine vorgeschriebene Pause machen muss fahren wir auch mit Verspätung los. Ich muss zwar nicht umsteigen, aber in Hamilton erwartet mich ein Taxi, und damit sich die Situation von Rotorua nicht wiederholt maile ich der Reisebüromitarbeiterin, die hier in NZ für mich zuständig ist. Keine Antwort, aber ich verlass mich mal darauf dass sie das liest und regelt.

Wir erreichen Hamilton mit 20 Minuten Verspätung. Ich suche am Taxistand nach einem Taxi der zuständigen Firma. Es gibt auch eins, aber der Fahrer sagt dass der Fahrer des Taxis, das mich eigentlich holen sollte, schon weg ist weil ich nicht aufgetaucht bin. Erklärung der Situation und Vorzeigen des Vouchers. Er ruft in der Zentrale an, erreicht aber den zuständigen Mitarbeiter nicht (der hat schon Wochenende, ich hab total aus den Augen verloren dass heute Samstag ist, seit ich hier bin hab ich absolut kein Zeitgefühl mehr) und sagt, er kann mich gerne bringen, und wie ich bezahlen möchte? Ich möchte gar nicht bezahlen weil das übers Reisebüro läuft. Also muss ich doch meine Reisebüromitarbeiterin anrufen, die zunächst nicht besonders glücklich klingt weil sie vermutlich eigentlich auch schon im Wochenende ist, aber das hilft jetzt nix, ist ja nicht meine Schuld. Es dauert ein bisschen aber wir kriegen es geregelt, nachdem der Taxifahrer mich bittet sie zu fragen ob das Reisebüro einen account hat, worauf sie kurz angebunden antwortet „Natürlich haben wir einen Account! Unsere Nummer ist soundso!“ Konnte ich ja nun nicht wissen, aber das Taxiunternehmen hätte da schon schalten sollen.

Ich darf also nun doch ohne zu bezahlen am Hotel aus dem Taxi steigen. Hier werde ich von einem ganz reizenden und hilfsbereiten Host in Empfang genommen, der offenbar chinesische Vorfahren hat und den überraschenden Vornamen Hogan trägt. Er erzählt mir wie ich heute kostenlos in die Stadt und wieder zurückkomme, wo man einkaufen kann und wo die Bushaltestelle ist. Danach bringt er mich zu meinem Zimmer, und ich stelle höchst erfreut fest dass es wieder ziemlich gediegen ist. 2 Zimmer, was bedeutet dass ich heute Nacht keinen Kühlschrank hören werde, im Wohnraum steht ein Ledersofa, und das Bad ist groß und hat Dusche und Whirlpool. Das Schlafzimmer ist etwas klein, aber das Bett hat die übliche Queensize, und es gibt einen Fernseher mit 50 Sky-Kanälen.

Hogan hat mir von dem Shuttle des SkyCity-Casinos erzählt, das Dienstags bis Samstags Leute auf Zuruf im Hotel abholt und zum Casino bringt, er hat aber ausdrücklich gesagt es bestünde keine Verpflichtug, das Casino zu besuchen. Vom Casino aus ist man nach ein paar Schritten in der Innenstadt wo ich dann was essen kann. Hogan bestellt mir das Shuttle ans Hotel, und wirklich kommt nach wenigen Minuten ein schwarzer Van mit einem freundlichen Fahrer. Kaum bin ich eingestiegen fragt er: „You’re going to the Casino?“ Nein, sage ich, ich will einfach nur in die Innenstadt. Darauf kuckt er sparsam und meint, dass er eigentlich ja nur Casinogäste abholen soll. Nun hatte Hogan ja gesagt, Casinobesuch sei not compulsory, also sage ich dass mein Host das so gesagt hätte. „Ah …“ sagt er, und jetzt befürchte ich natürlich dass ich Hogan reingeritten habe, also bitte ich ihn das alles als ungesagt zu betrachten, aber er grinst schon und sagt „No worries“, nein nein, ist schon in Ordnung, er wird es niemandem verraten. Dann sagt er, ich bräuchte nur durch das Casino hindurch zu gehen und dann links abzubiegen, da sind dann ganz viele Restaurants – aber ich soll auch nicht verraten dass er mir das so gesagt hat.

Ich tue wie mir empfohlen und lande auf der Victoria Street, einer der Hauptstraßen im Zentrum, um diese Zeit schon recht leer da die Läden hier immer schon so gegen 17 Uhr schließen. Schließlich lande ich in einem schönen Bistro bei einem Spicy Beef Salad (viel beef, nicht so viel salad) und einem Apple Crumble Brulée. Zurück zum Casino wo die Shuttles einen wieder uppicken, und wer wartet da schon? Der Fahrer von eben. Er grinst breit und lässt mich einsteigen, „no worries!“ sagt er nochmal und bringt mich zurück vom Hotel. Nein nein, keine Sorge, alles in Butter, um die Zeit hat er eh noch nicht viel zu tun und da ist er ganz froh wenn er Beschäftigung hat.

Ich gönne mir ein Bad im  Whirlpool, ach ist das schön warm! Und wenn ich den Blog fertig habe will ich mal ausprobieren, wie es sich hier so schläft.

 

Shake, rattle and roll – and fume

Selbst  ohne Wecker würde man hier rechtzeitig  wach werden. Die Zimmer in dem angejahrten Motel sind zwar neu und modern eingerichtet worden, aber die Wände scheinen nur aus Rigips zu bestehen. Aber gut, so besteht wenigstens keine Gefahr dass ich verschlafe.

Das Frühstück, das gestern abend schon gebracht wurde, ist auch gar nicht schlecht, der Toast hat sogar Ähnlichkeit mit dem was ein Deutscher Brot nennen würde, leicht und fluffig und sogar mit Körnern drin, schmeckt sehr gut. Aber warum lernt man in der Schule mühsam den Unterschied zwischen Jam und Marmalade, wenn beim Herrichten des Tabletts dann doch nur blind in die Kiste mit den diversen Spreads gegriffen wird? Zweimal Orangenmarmelade. Leider kann ich die noch nichtmal umtauschen gehen, weil die Rezeption erst eine Vierteltstunde bevor die Tour losgeht öffnet. Ich streiche mir also todesmutig Orangenmarmelade aufs Brot – och ja, so schlecht isses dann auch nicht. But it takes some getting used to.

Um viertel nach 7 sammeln sich etwa 20 Leute an der Rezeption, die alle auf die 20-Tunnel-Tour gehen wollen. Unser Guide und Fahrer des diesmal etwas größeren Kleinbusses ist Rob, ein Maori mit grauem Zopf und coolem Kopftuch. Er fährt uns zusammen mit Michelle von der Rezeption etwa 10 Kilometer aus dem Ort raus zum Start der Tour auf den Railway Tracks.

Das Wetter will leider nicht so recht, es ist zwar trocken aber sehr bedeckt und eher kühl.

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An der Startstation stehen eine Reihe von alten Golfwägelchen auf den Schienen, Viersitzer und Zweisitzer.

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Wir bekommen basic instructions zur Bedienung, und es stellt sich heraus, dass jedes Wägelchen mit einem Verbrennungsmotor ausgerüstet wurde („Oh, they run on petrol?“ fragt verwundert eine Teilnehmerin, die vermutlich genau  wie ich gedacht hatte, dass die Wägelchen mit Akkus betrieben werden) der auf maximal 25kmh runtergeschraubt wurde, gestartet wird mit einem Tritt aufs Gaspedal. An diesem eher kühlen Morgen tun sich die Motoren noch ein bisschen schwer, manche müssen mit dem Choke nachhelfen damit die Sache ans Laufen kommt. Jedes Wägelchen verfügt über eine Fleecedecke, und Rob verteilt Ohrstöpsel an alle. Ohrstöpsel? Sicherlich wegen der Zugluft, oder? Wie fürsorglich.
Von wegen. Nachdem wir alle unsere Wägelchen wachgetreten haben und langsam zweitaktig knatternd anfahren stellt sich relativ schnell heraus, dass die Ohrstöpsel nicht wegen des Fahrtwindes ausgeteilt wurden – sondern wegen des Geräuschpegels. Die Räder machen auf den Gleisen einen derartigen Lärm dass man sogar die Motoren nicht hört, und die Schafe und Kühe auf ihren Weiden fliehen blökend vor der anrückenden Wagenkolonne. Lauschiger Tagesausflug? Fehlanzeige.
An den immer gleichförmigen Lärm gewöhnt man sich relativ schnell, was mich aber stört weil ich das überhaupt nicht einkalkuliert hatte ist, dass man eigentlich ständig von Abgasen umweht wird und immer wieder den Benzingeruch in der Nase hat.
Und auch die Fleecedecken sind, zumindest für eine Frostbeule wie mich, bitter nötig. Es ist ja ohnehin schon nicht besonders warm draußen, und der Fahrtwind sorgt dann dafür dass es in den nach beiden Seiten offenen Golfcarts doch ziemlich kalt wird. Ich wickle meine untere Hälfte ein, so kann man es dann auch aushalten.

Und so geht es nun also in Kolonne zunächst an Wiesen und Weiden vorbei und gleich in den ersten Tunnel, der mit einer Länge von 1,5 Kilometern auch gleich der längste der ganzen Tour ist. Ist das KALT!!!
Wir machen immer mal wieder kleine Zwischenstopps, und Rob berichtet von der Zeit der Eisenbahnpioniere hier im King Country und über die technischen Herausforderungen, die sie zur Zeit der vorletzten Jahrhundertwende zu meistern hatten, und wie sich der Aufstieg und spätere Zusammenbruch des Kohleabbaus und damit zusammenhängend der Eisenbahn auf die Gegend und die Leute hier ausgewirkt hat. Interessant ist die Geschichte vom Gefängnis in dem kleinen Ort Ohura, wo ein Single Men’s Camp aus der Zeit des Eisenbahnbaus später umfunktioniert wurde zu einem Gefängnis für White Collar-Straftäter (Betrug, Unterschlagung etc.). Der Zaun drumrum ist gerade mal  brusthoch, worüber sich eine Teilnehmerin wundert, ist das nicht ein bissschen niedrig für ein Gefängnis? Nein, sagt Rob, es hat in all den Jahren in denen das Gefängnis in Betrieb war nur einen einzigen Ausbrecher gegeben. Der hat es ein paar Kilometer bis zur Straße geschafft und hat dann gehofft dass jemand vorbeikommt und ihn mitnimmt … der einzige Wagen der vorbeikam war das Polizeiauto, und die haben ihn dann wirklich mitgenommen. Und zurückgebracht. Ohura ist so abgelegen dass es einfach keine Chance gab dort wegzukommen. Die Türen im Gefängnis haben angeblich immer offen gestanden, und außer dem einen Optimisten hat wohl niemand ernsthaft versucht zu fliehen.

Nach zwei Stunden halten wir in einem kleinen Zwanzig-Seelen-Dorf mit einer heruntergekommenen, eiskalten Stadthalle, wo es heißen Kaffee und Tee gibt, von allen dankbar angenommen. Danach geht es weiter an bergigen Weiden vorbei, sehr schön und grün aber doch ein bisschen eintönig. Zwischendurch sieht man immer mal wieder ein paar verrostende Oldtimer neben den Schienen stehen, die hier langsam verrottend immerhin ein bisschen shabby charm verbreiten.

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Mittagessen gibt es in Tokirima, wo wir uns mit den von Michelle in der Zwischenzeit hergeschafften Zutaten Sandwiches zusammenstellen können: Brot, Tomaten, Salatblätter und kaltes Fleisch. Nicht wirklich mein Ding, aber ich probiere eine Scheibe von dem leckeren Brot mit ein bisschen Piccalilli, schmeckt sogar ganz gut. (Die Gurken, die da kleingeschippelt drin sind, ignorier ich jetzt einfach mal. Ich mag keine Gurken.)

Die Strecke zwischen Mittagessen und Endstation ist die landschaftlich schönste, mitten durch Schluchten und Täler mit dicht bewachsenen Abhängen.

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Wir landen gegen halb vier in Whangamomona (sprich Fángamómona). Rob und Michelle müssen hier zunächst alle Carts umdrehen (dafür gibt es einen selbstgemachten Turntable), und wir sollen uns doch einfach solange eine halbe Stunde in den Pub setzen. Vorbei an einem Schild, auf dem die (selbsternannte) Republik Whangamomona ihre Gäste begrüßt, gehts in ein wiedermal total gottverlassenes Örtchen, in dem es eine Handvoll Wohnhäuser, eine klitzekleine Kirche, ein paar Ruinen und ein Hotel mit Pub gibt. Wer will kann hier ein Ale inhalieren oder einen Flat White.

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Auf der Rückfahrt sehen wir einen Van im Straßengraben liegen, der aus eigener Kraft nicht wieder rauskommt. Rob hält an und packt ein Seil aus, und zusammen mit einem ebenfalls vorbeikommenden Allradjeep und einem unserer Tourteilnehmer am Steuer des Vans schaffen sie es auch, den Wagen wieder auf die Straße zu ziehen. Die Jungs werden mit Beifall wieder im Bus begrüßt, und dann gehts wirklich zurück ins Hotel.

Ich brauche zwanzig Minuten unter einer heißen Dusche, um wieder warm zu werden. Ich schiebe den Rest von den leckeren Schweinenudeln in die Mikrowelle, die offenbar inzwischen überall zur standardmäßigen Zimmereinrichtung gehört, und dann ab unter die Bettdecke um die angeduschte Wärme nicht wieder zu verlieren. Nach einer Folge von Inspector Barnaby (einer der 10 TV-Kanäle ist BBC UK) lasse ich mich mit Vanity Fair in den Schlaf lesen.

In der Pampa

Heute gibt’s eigentlich gar nichts zu berichten. Das frühmorgendliche Pickup-Taxi hat mich pünktlich zum InterCity-Bus gebracht, der auch schon bereit stand, so dass ich wieder mal einen vorderen Platz bekommen habe. Strahlend blauer Himmel, allerdings war es mit 7 Grad bitterkalt, und der Bus war dank der offenen Tür genauso kalt. Sobald er unterwegs war wurde es dann zu Glück wärmer. 1,5  Stunden Fahrt bis Hamilton, dort zwei Stunden Aufenthalt. Wie wär’s mit einem schönen heißen Tee in dem Café in der Wartehalle? Radio Eriwan lässt mal wieder grüßen: Also eigentlich schon, ja, nur heute nicht, die Maschine ist kaputt. Immerhin kann man in der Halle sitzen und schonmal die nächsten Tage planen, nächste Woche bin ich in Taupo und da hab ich bis jetzt noch gar nichts geplant oder gebucht. Ich nutze die Zeit um im Internet etwas Schönes auszugraben, mal sehen ob ich das verwirklichen kann, falls ja könnte das nächste Woche Stoff für einen ausschweifenden Blogeintrag bieten.

Danach stelle ich mich draußen am Bussteig in die Sonne und werde prompt von einer netten älteren Neuseeländerin angesprochen die auf ihre Enkelin wartet, die auch mit dem InterCity kommt, und wir unterhalten uns angeregt über Fernreisen. Sie war schon mehrmals in Europa, und wir unterhalten uns über die Terrorproblematik, wobei ich merke dass das für mich alles sehr weit weg ist, seit ich hier bin hab ich keinen Blick auf eine deutsche News-Seite geworfen, aber schließlich hab ich auch Urlaub.

Der Anschluss-Bus ist kein Problem, ich nicke mehrmals ein und werde kurz vor Taumarunui erst wieder richtig wach. Taumarunui ist eine Kleinststadt mitten in der Pampa. Es gibt einen Fluss, ein I-Site, ein paar Geschäfte, eine Hand voll Cafés und Motels, und das war es auch schon.

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Die nette Neuseeländerin war denn auch ganz fassungslos als ich ihr erzählt habe dass ich hierhin fahre. „But why should you go there?“ Der Hauptanziehungspunkt des Ortes ist der Forgotten World Railway, den ich morgen befahren werde. Ein umtriebiger Einwohner hat vor ein paar Jahren den ungenutzten Schienenstrang geleast, Golfwägelchen aus Amerika importiert und für die Schienen umgerüstet, und damit kann man kilometerweit durch die schöne neuseeländische Landschaft fahren, denn davon gibts hier massig.

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Natürlich gibts die hier überall, und wenn der Railway nicht wäre würde kaum ein Mensch Taumarunui kennen, aber der FWR hat in den letzten Jahren wohl für einen touristischen Aufschwung hier gesorgt.

Das Timing des Busses ist ein bisschen suboptimal, ich bin um 14 Uhr hier angekommen, und es gibt schlicht und einfach sonst nichts was man hier tun könnte. Ich laufe ein bisschen am Fluss entlang, will aber als Einzelmensch nicht zu weit weg von der Zivilisation. Es gibt ein Kino (!), aber da hab ich keine Lust drauf. Ich setze mich neben der Hauptstraße in einen winzigen Park (3 Bänke und 1 Denkmal) und fange an ein paar Tripadvisor-Beurteilungen zu schreiben – ich bin zwar erst ein paar Tage da, aber da hat sich schon einiges angesammelt. Gegen vier meldet der Magen Aufnahmebereitschaft, also auf zu Jasmins Thai Café, wo ich eine Portion Schweinenudeln mitnehme, und die sind sogar ziemlich gut.

Jetzt ist es halb acht und eine freundliche Motelmitarbeiterin hat von draußen ins Zimmer gespäht, gesehen dass ich da bin und sich wortreich fürs „peeping“ entschuldigt, sie wollte nur anfragen ob sie mir jetzt schonmal das Frühstück für morgen bringen darf – war schon so abgesprochen, weil bei meinem üblichen kontinentalen Frühstück nix dabei ist was schlecht werden kann, den Tee mach ich morgen eh‘ im Zimmer und für den Toast gibt es einen Toaster in der Küchenzeile. Und weil die Tour morgen so früh los geht haben die Mädels da oben einfach keine Zeit, uns alle die wir hier wohnen und mitfahren morgen früh pünktlich abzufüttern.

Ich werde also ausnahmsweise mal einen Fernsehabend verbringen – seit ich hier bin hab ich fast nur in Handheld-Device-Displays geguckt und höchstens zweimal in einen Fernseher. Wenn alles klappt wird es für morgen wieder mehr zu berichten geben. Allerdings werden wir erst am frühen Abend zurück sein, und da der Bus am nächsten Tag erst gegen 14 Uhr abfährt werde ich die Wartezeit unter anderem mit Blogschreiben verbringen, was bedeutet dass der nächste Blog mindestens 12 Stunden später kommen wird als bisher.

See ya!

Schöner Schwefel

Wieder ist früh aufstehen angesagt. Das Hotel bietet die Möglichkeit, Wunschfrühstück ins Zimmer zu liefern, und das will ich mal ausprobieren. Das Ergebnis ist das erste vernünftige Frühstück seit ich aus dem Flieger gestiegen bin. Der Tee, der auf dem Zimmer zur Verfügung steht, ist richtiger Tee, dazu habe ich Toast, Marmelade und frisch gepressten Orangensaft bestellt, alles sehr lecker.

Ich werde wie verabredet aufgelesen und mit einer Handvoll anderer Leute mit (man ahnt es bereits) einem Kleinbus zum Waimangu Volcanic Valley gebracht. Die Fahrt geht durch friedliche Weidelandschaften, und man könnte fast nicht glauben, dass es in der Nähe vulkanische Aktivität gibt, wenn da nicht die Risse auf den Wiesen und Weiden wären, und der Fahrer erwähnt, dass hier eine Fault Line verläuft, eine Erdfalte.

Waimangu ist nur eine von mehreren geothermal sights, die Rotorua und Umgebung zu bieten haben. Die bekannteste ist vermutlich Wai-o-Tapu, dort gibt es auch einen großen Geysir und bunte Ablagerungen. Das hat Waimangu zwar nicht in diesem Maß zu bieten, aber dafür ist es auch nicht so reißerisch-touristisch aufgemacht. Und deshalb hat Waimangu etwas zu bieten womit Wai-o-Tapu vermutlich nicht aufwarten kann: Idylle, Ruhe und Vogelzwitschern. Wir kommen um 9 Uhr an und sind fast alleine dort. Jeder kann in seinem eigenen Tempo den Kiespfad hinunter wandern, gut 3,5 Kilometer durch Wald und Farn. An der Kasse bekommt man einen ausführlichen Folder mit Karte, den es in verschiedenen Sprachen gibt, und damit macht man eine „self-guided tour“. Man sieht am Anfang erstmal den Emerald Lake, der eigentlich noch nach nix aussieht außer nach schöner Landschaft, aber dann wird’s immer deutlicher geothermisch. Dampfende Kraterseen, Silikatterrassen, brodelnde und spuckende Wasserlöcher … überhaupt dampft und qualmt es an allen Ecken und Enden, und die ganze Gegend riecht nach Schwefel. Es ist wirklich faszinierend, und das alles ist eingebettet in die wunderschöne Landschaft rundum – man schaut quasi der Welt beim Entstehen zu und blickt auf eine Zeit weit vor dem Auftauchen des Menschen auf der Bildfläche.

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Bald kommt die Sonne heraus, und die Senke heizt sich ziemlich auf. Weiter unten im Tal wird es flacher, und schließlich stößt man auf einen See, den Lake Rotomahana. Dort wird eine Bootstour angeboten, was in touristischer ausgerichteten Stätten vermutlich hieße dass da mindestens ein Kiosk steht, ein Eisverkäufer und ein „Your-picture-taken“-Stand. Das Schöne an an Waimangu ist, dass das alles komplett fehlt. Man kommt am See an und alles was man da findet sind ein paar Sitzbänke und ein kleiner Holzanleger für das Boot. Totale Stille. Na gut, nicht total … je näher man dem See kommt desto lauter wurde ein Geräusch dass ich zunächst (Bay of Islands lässt grüßen) für Jetski-Lärm hielt. Es handelt sich schlicht und ergreifend um Froschquaken, aber die Lautstärke! Du meine Güte, was müssen das für Frösche sein! Sind bestimmt Bullfrogs.

Dachte ich. Es war schierer Zufall, dass ich auf dem Kiesweg am See etwas bemerkte das ich erst für ein Blatt hielt, aber siehe da:

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Der selbsternannte Trompetenfrosch ist noch nichtmal so groß wie meine Hand, dafür aber mindestens so schwer von Begriff wie mein Kater. Es bedurfte der tatkräftigen Nachhilfe von zwei Menschen, den Frosch von der potenziell selbstmörderischen Lage zu überzeugen in der er sich da befand. Tarnfarbe auf Menschenweg ist keine gute Idee, auch wenn noch nicht so viel Menschen da sind. Eingesehen hat er das nicht, aber er ist schließlich der rohen Gewalt in Form eines Astes gewichen und mit einem einzigen ziemlich großen Satz im Röhricht verschwunden, wo er hingehört.

Einmal pro Stunde kommt  ein angestaubter Bus und fährt diejenigen, die den Weg nicht zufuß wieder hochgehen wollen, über einen von den Wanderwegen getrennten Schotterweg wieder zurück zum Eingang, wo man durch einen kleinen Shop geleitet wird und schließlich in einem kleinen Café etwas essen kann. Ganz ohne diese kommerziellen Ergänzungen kommt auch Waimangu nicht aus, aber beides ist eher unauffällig und dezent gestaltet.

Als wir oben ankommen ist schon deutlich mehr los als heute früh, der kleine Parkplatz ist voll. Und trotzdem sieht man hier keine Menschenmassen den Berg runterströmen, es verläuft sich ziemlich.

Wir sind gegen 14 Uhr zurück in Rotorua, bei strahlendem Sonnenschein. Es gäbe so schrecklich viel, was man jetzt machen könnte, von Jetboat über Kajak bis zu so abgefahrenen Aktivitäten wie Zorbing (in großen durchsichtigen Bällen einen Hang hinunter kugeln), aber ich entscheide mich zunächst für den Kuirau Park, einen öffentlichen Park der relativ nahe am I-Site liegt und in dem man völlig kostenlos heiße Quellen und qualmende Teiche anschauen kann. Außerdem gibt es zwei geothermale Footpools, man sitzt am Rand und lässt die Beine ins warme Wasser baumeln, herrlich.

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Mit so erholten Füßen wandere ich zurück ins Zentrum und zu den Government Gardens. Ein englischer Reiseführer benutzt den Begriff des „manicured garden“, und das ist sicher richtig, aber wenigstens ist er schön manikürt. Hat alles noch etwas von Pracht und Herrlichkeit der Kolonialzeit.

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Und jetzt vielleicht mal bei der Skyline vorbeischauen? Eine Gondelbahn von Rotorua hinauf auf den Berg, und wenn man da oben schon eine Bergstation hinbaut, warum dann nicht gleich eine Sky-Swing daneben bauen und einen Mountainbike-Parcours, drei Go-Kart-Bahnen und eine Zipline von oben ins Tal rasen lassen? Ich will heute aber mal keinen Thrill sondern einfach nur die Aussicht anschauen, außerdem hoffe ich dass ich einen Platz im Restaurant in der Bergstation bekomme, das als bestes Restaurant Rotoruas gilt und neben einer tollen Aussicht auch ein tolles Buffet bieten soll. Leider klappt das nicht, vollkommen ausgebucht. Macht nix, die Aussicht ist super.

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Jetzt reichts aber auch für heute. Vom I-Site zur Skyline hab ich mir ein Taxi gegönnt, aber zurück probiere ich mal den Bus aus. Der nette Hotelbesitzer sagte, als ich nach dem Bus gefragt habe: Ja, stimmt, die Busse sieht er öfter mal. Genutzt hat er sie aber noch nie. Die Leute hier sind keine großen Busfahrer, sagt er. Wenn man in die vorbeifahrenden Busse mal reinschaut kann man das nur bestätigen, meistens sitzen nur 3 oder 4 Figuren drin. Aber irgendwie hat den Leuten hier auch keiner erklärt wie sowas funktioniert. Es gibt an den Haltestellen keine Fahrpläne auf denen steht wann hier welcher Bus ab- und wohin fährt. Es gibt stadtweit an allen Haltestellen immer den gleichen Aushang, auf dem steht an welchen 6 wichtigen Haltestellen im Stadtgebiet ein Bus dieser Linie wann hält bzw. halten müsste. Und daraus muss man sich entweder selbst zusammenreimen was das nun für die eigene Haltestelle heißt, oder man sendet eine SMS mit dem Zahlencode der Haltestelle an der man gerade steht  und erhält im Gegenzug genau eine Auskunft, nämlich wann der nächste Bus an dieser Haltestelle planmäßig abfahren müsste. Keiin Wunder dass kaum jemand Bus fährt.

Heute Abend gibts nochmal Pizza, und dann muss ich auch schon wieder alles zusammenpacken weil morgen die nächste Etappe der Tour de Neuseeland ansteht. Hoffentlich kommt das Taxi pünktlich …

Zippin‘ in the Rain

Ich ziehe um kurz nach 6 den Vorhang zurück, und die Welt ist grau. Der Höhenzug ist nur zur Hälfte zu sehen, der Rest verschwindet in träge ziehenden Nebelschwaden.

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Aber immerhin: der Regen hat aufgehört. So richtig Lust auf Frühstück hab ich nicht, also muss der Rest von dem Superkeks von gestern reichen. Der InterCity-Bus fährt um kurz nach halb acht, man soll eine Viertelstunde früher da sein, mit meiner Ich-muss-vorher-dasein-Manie bin ich schon kurz nach 7 an der Haltestelle. Gegenüber ist das städtische Freibad, in dem die ersten Schwimmer schon ihre Runden drehen. Der Bus hat ein bisschen Verspätung, aber das ist kein Problem, wir haben im Thames über eine halbe Stunde Aufenthalt.

Außer mir steigen an diesem Morgen nur noch eine Handvoll Leute ein, ich setz mich wieder nach vorne und tu mir Musik auf die Ohren, während der Fahrer uns im bereits bekannten Kiwi-Halsbrecher-Stil durch die Kurven nach Thames befördert. Hier gibts in einem Café zumindest mal einen Tee.

Zurück in den Bus, der nun weiterfahren soll nach Morrinsville. Tut er aber erstmal nicht, er wartet auf einen Passagier der zwar angemeldet aber noch nicht eingetroffen ist. 10 Minuten wartet er, ohne dass der fehlende Fahrgast auftaucht, und als es endlich losgeht sagt der Fahrer in den Bus rein, dass er heute mal nicht über Morrinsville fährt weil ja nur der fehlende Fahrgast da hin wollte, und da könnte er ja gleich weiter nach Hamilton fahren … Ähm, ’scuse me! I have to change buses at Morrinsville, I’m going to Rotorua! „Oh, you’re going to Morrinsville? Okay then.“ Leider hätte ich in Morrinsville exakt 11 Minuten zum Umsteigen, das wird jetzt echt knapp. Ob die auf mich warten werden, möchte ich wissen. „Yeah yeah“ ist die Antwort. Das Wetter wird wieder schlechter, es beginnt zu regnen, selbst die Kiwis fahren jetzt langsamer. Oh dear.

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Aus den 10 Minuten Verspätung werden am Ende 15. Im strömenden Regen kommen wir in Morrinsville an und ich erreiche so grade noch den Anschlussbus, aber die Probleme gehen weiter: „What’s your name then?“ Für die Intercity-Busse muss man sich vorher anmelden, in meinem Fall hat das das Reisebüro für mich geregelt. Und nun: „You’re not on my list!“ Aber das ist doch der Bus nach Rotorua? Ich war für den Bus nach Rotorua gebucht! Zum Glück hat die Fahrerin bei dem Regen keine Lust auf weitere Recherchen, sie glaubt mir jetzt einfach mal dass ich a) angemeldet bin und b) schon bezahlt habe, mein Koffer wird also in den Frachtraum gewuchtet und ich darf mitfahren. Puh …

Neben mir sitzt eine ältere Spanierin deren Englisch noch unbeholfener ist als meines, wir machen ein bisschen Express-Sprachunterricht: Ich schreibe ihr auf, was Nieselregen heißt und wie man sagt dass es schüttet. Offenbar hat sie das in ihr Smartphone eingetippt und lernt jetzt die Aussprache, denn neben mir höre ich jetzt ein paar mal die Smartphone-Stimme „drizzle“ und „pouring“ sagen, und die Spanierin spricht es nach: „Drissöl“. Es regnet in einem fort. Wir halten in dem Städtchen Matamata, dort gehen die Touren zum Filmset von Hobbiton ab, wo Teile von Peter Jacksons „Lord of the Rings“ und „The Hobbit“ gedreht wurden. Gut dass ich das ausgelassen habe, das kann bei dem Wetter ja auch kein Vergnügen sein. Das I-Site, wie die Touristeninformation in NZ heißt, hat in Matamata übrigens Hobbiton-Architektur, inklusive runder grüner Holztür.

Und irgendwo im Nirgendwo zwischen Matamata und Rotorua geht dann auf einmal gar nichts mehr. Vor uns ein offenbar schon ellenlanger Stau, der sich keinen Meter vorwärts bewegt. Im Nu stehen wir mitten in einer unabsehbar langen Schlange. Lange tut sich nichts, dann sieht man dass die ersten Fahrzeuge vor uns einfach wenden und zurück fahren. Die spanische Damen neben mir schaut nervös auf die Uhr: Wir sollten theoretisch um 12.15 Uhr in Rotorua einlaufen und sie muss um 1 Uhr den Anschlussbus nach Taupo nehmen, zu dem es heute keine Alternative mehr gibt. Wir stehen immer noch. Die Fahrerin winkt eines der umkehrenden Autos heran und fragt was da vorne los ist. Antwort: In dem Wäldchen das vor uns liegt sind zwei Bäume auf die Straße gekippt und blockieren die komplette Fahrbahn. Die Feuerwehr weiß Bescheid, aber es kann noch dauern bis die kommt. Die Fahrerin flucht, weil der Bus zu groß ist um ihn auf der Landstraße wenden zu können

Die Spanierin neben mir kriegt jetzt ein echtes Problem. Wenn sie den Bus nach Taupo verpasst kommt sie heute nicht mehr weg. Sie fragt die Fahrerin ob der Anschlussbus warten kann, und die Fahrerin gibt ihr die Nummer vom InterCity-Büro, sie soll das mit denen ausmachen. Sie erreicht dort auch jemanden, kann sich aber nicht verständlich machen und bittet mich schließlich, ob ich das für sie übernehmen kann. Also versuche ich dem Menschen am anderen Ende klar zu machen was das Problem ist, er lässt sich die Buchungsnummer der Dame geben und verspricht er werde sich bemühen, aber ewig warten kann der Anschlussbus eben auch nicht, aber er wird sehen was sich machen lässt. Die arme Spanierin ist ziemlich unglücklich, aber wir können im Moment erstmal nichts tun.

Endlich kommen von hinten Sirenen angeheult, ein winzig kleines Feuerwehrauto saust vorbei, aber das kleine Gefährt scheint eine große Säge im Gepäck gehabt zu haben, denn die Feuerwehr kann in relativ kurzer Zeit die Bäume zumindest so weit zerlegen und zur Seite schaffen dass eine Fahrspur frei wird, und da man gesehen hat dass ein InterCity-Bus in der Schlange ist darf unsere Fahrspur als erstes durchrauschen, und wir schaffen für die Spanierin eine Punktlandung in Rotorua: Sie erwischt ihren Bus noch.

Leider habe ich jetzt ein Problem: Eigentlich war verabredet dass mich ein Pickup-Taxi zum Hotel bringt, aber durch die Verspätung von einer Dreiviertelstunde hat der Fahrer wohl schon das Handtuch geworfen, jedenfalls ist kein Pickup-Taxi da. Ich hab jetzt aber auch keine Lust auf Recherchen und nehme einfach ein anderes, das muss ich nun zwar bezahlen weil der Voucher nix nützt, aber das ist jetzt auch egal, Hauptsache raus aus dem Regen und rein ins Hotel.

Das Hotel liegt an einer Durchgangsstraße, auf der geht es jedoch eher gemütlich zu, und das Hotel ist ganz nett, und das Zimmer ist wirklich sehr gut gepflegt, hell und freundlich, und hat einen luxuriösen Whirlpool im Zimmer.

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Jetzt muss schnell was zu essen her, weil ich um halb vier wiedermal gepickupt werde. An der Durchgangsstraße liegen etliche Geschäfte, allerdings ist alles etwas weiter auseinandergezogen, und ich muss circa 10 Minuten gehen bis ich auf etwas Essbares stoße, und das ist dann die Börgerkette mit dem gelben M. Macht nix, kann man auch satt von werden. Also schnell ein paar Stücke geformtes Huhn an Pommes auf Süß-Sauerer Soße und wieder zurück ins Hotel. Denn heute Nachmittag wirds abenteuerlich: Ich habe mich für eine Canopy-Tour angemeldet, eine Hochseil- und Hängebrücken-Tour durch den Wald.

Diesmal klappt es mit dem Pickup. Zusammen mit zwei anderen Deutschen werde ich „back to base“ geshuttelt wo wir zu einer Gruppe von circa 10 Leuten zusammengestellt werden. „You guys need anything? Got a raincoat?“ Jeder erhält eine Regenjacke, einen Klettergurt und einen Helm sowie ein Tablet, auf dem man zum Beispiel angeben muss wie man heißt, ob man ein Herzproblem oder sonstige Krankheiten hat, wer die nächsten Angehörigen sind (oh … schluck) und dann muss man unterschreiben dass man zur Kenntnis nimmt dass Tod und Verletzung nicht rechtlich auszuschließen sind … Ach du liebe Zeit. Aber die Leute da machen einen vertrauenswürdigen Eindruck, die Beurteilungen im Internet waren gut und gehen auch schon einige Jahre zurück, also nu los, Nägel mit Köpfen.

Wir werden, bereits fertig eingegurtet und behelmt, mit dem üblichen Kleinbus aus der Stadt raus und in ein Waldgebiet gefahren. Es nieselt, als wir dort aussteigen und nach wenigen Schritten im Urwald verschwinden. Unter dem Blätterdach kommt kaum Regen an, es tropft nur ein wenig von den Bäumen herunter. Wir stehen nach einigen hundert Metern gewundenen Waldpfades und nach dem Besteigen einiger kleiner Holztreppen plötzlich auf der ersten Plattform, die an einem Abhang steht und zum Glück ein Geländer hat, denn hinter dem Holztor auf der Plattform geht es geradewegs ins Nichts. Wir bekommen (jetzt schon deutlich angespannter) eine ausführliche Sicherheits- und Verhaltensanweisung, und dann sollen wir wahrhaftig nacheinander vor das Holztor treten, wo unsere Gurte mit dicken Karabinern an eine Zipline (ein Stahlseil) gehakt werden, und dann geht es drei Holzstufen von der freien Plattform hinab ins Nichts – so scheint es erstmal, aber genau genommen geht es am Stahlseil über vielleicht hundert Meter bewaldeten Abgrund bis zur nächsten Plattform. Jean macht es vor – aha, hmhm, komm ich noch irgendwie aus der Geschichte wieder raus? Nein, Bangemachen gilt nicht, andere Leute haben das auch überlebt, also los. Jean wird uns drüben in Empfang nehmen.

Wer will anfangen? Nein danke, das darf gerne einer von den Jungs machen die bei der allgemeinen Vorstellung als Hobbys Skydiving und Bungeejumping angegeben haben. So richtig zuversichtlich sehen die auch nicht aus, aber sie lassen sich nicht lumpen und zischen jodelnd die erste Zipline entlang. Und irgendwann stehe ich auch vor dem Tor, werde mit Karabinern festgemacht und dann: „Elke’s zipped in!“ sagt Bailey ins Mikro, und ich höre Jean aus dem Lautsprecher rauschen: „Great, send her on!“ Also todesmutig die drei Stufen hinabsteigen, die von der Plattform ins Nichts führen, oh, so hoch über dem Wald … uuuuund wuiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii …. Plonk. Plattform 2 erreicht. „Well done! How was it?“ Och, eigentlich ganz nett. Man muss sich nur mal überwinden, aber wenn man merkt dass die ganzen Gerätschaften einen halten könnte man durchaus anfangen vielleicht unter Umständen eventuell Spaß an der Sache zu haben.

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Wir werden umkarabinert, jetzt auf eine Hängebrücke, allerdings netterweise eine mit Halteseilen links und rechts. Man sieht zwar mehr Boden (sehr weit entfernten Boden), aber mit den Handseilen ist die Sache schon beinahe harmlos. Zwei weitere kurze Ziplines folgen, bei der zweiten sollen doch bitte alle mal nicht den Gurt umklammern sondern wie Vögel mit Armen flattern, und bei der dritten wärs doch mal eine nette Abwechslung rückwärts die Stufen runterzugehen und sich rückwärts fallen zu lassen. Was wir auch alle brav tun und in wachsendem Maße Spaß an der Sache haben, es hat schon was, durch die Baumwipfel zu sausen und den Wald mal aus dieser Perspektive (und in dem Tempo) zu durchqueren. Wir zippen vorbei an riesigen Farnwedeln und glitschigen Baumstämmen und fangen an, es normal zu finden.

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Dann kommt das Highlight: 46 Meter über dem Waldboden, die höchste Plattform (alle außer der ersten haben kein Geländer mehr, aber wir werden sofort nach der Landung an ein Kabel angeklickt das um den Baumstamm verläuft), und es folgt die längste Zipline, 200 Meter. Juiiiii … Klasse! Mehr davon! Wer sicht traut darf auch mal Spökes am Seil machen, zum Beispiel kopfunter zippen, oder in Liegeposition mit den Händen bequem hinterm Kopf.

Und viel zu schnell ist die Sache zuende. Wir haben schon beim Hinweg durch den Wald ein paar Sachen über Neuseelands Urzustand gehört (bevor der Mensch eingriff), auf einigen Plattformen stehen Infotafeln zu Vögeln, und als wir die letzte Zipline runtergerauscht sind gibt es am Waldboden noch ein paar Infos zur Pest Control, dem Bemühen der neuseeländischen Regierung im Allgemeinen und des Tourveranstalters in dieser Region im Besonderen, „pests“ wie Ratten, Possums und Wiesel auszurotten, weil sie nicht nur Neuseelands Vogelwelt drastisch dezimiert haben, sondern auch noch die Bäume kahlfressen.

Unter den Bäumen haben wir es gar nicht richtig bemerkt, und auf der Zipline waren wir zu sehr mit Fliegen beschäftigt, aber es hat wieder richtig angefangen zu regnen. Der Bus schwimmt zurück zur Basis, wo wir ausgewickelt und auf Wunsch ins Hotel geshuttelt werden. Sieben Uhr – also jetzt muss aber mal ein richtiges Abendessen her, gestern gab’s nur eine Minitüte Chips und heute mittag das Junkfood. Der freundliche Rezeptionist empfiehlt einen zum Glück fußläufig erreichbaren Italiener, und da gibt es einen leckeren Caesar’s Salad und einen ganz köstlichen Fruchtcocktail.

Morgen ist schon wieder früh aufstehen angesagt, weil ich (mal wieder) upgepickt werde. Morgen wirds wieder heiß. Nicht nur, weil angeblich morgen die Sonne wieder rauskommen soll.

Morgen ist Geothermal Day.

 

 

 

 

Heiße Sache

Wie erwartet hat es keine weiteren Interessenten für die Coromandel Coastal Walkway Tour gegeben. Ich habe ersatzweise die Wahl zwischen der Tour nach New Chums Beach und der Tour zur Cathedral Cove/Hot Water Beach, die Managerin empfiehlt letzteres. Und da Cathedral Cove und Hot Water Beach schon beinahe Pfichtprogramm für jeden Coromandel-Besucher sind, folge ich ihrem Rat.

Da die Tour erst um 11.30 startet habe ich noch viel Zeit – wie wär’s mit einem Tee-und-Toast-Frühstück einem netten Café? Aber: Radio Eriwan lässt grüßen – im Prinzip ja, nur leider heute nicht. Heute ist nämlich Keltic Fair, ein großer Jahrmarkt auf dem Schulgelände, zu dem haufenweise Leute erwartet werden, und weil soviele Bewohner dort engagiert sind und es dort auch viele Essensbuden gibt, fährt die örtliche Gastronomie heute ein Sparprogramm. Immerhin bekomme ich im Coromandel Café einen Tee der auch so schmeckt als wär’s wirklich einer, und dazu ein großes rundes Shortbread und einen großen Chocolate Cookie. Bisschen süß das alles, aber nicht schlecht.

Weil ich noch viel Zeit habe gehe ich mir die Keltic Fair mal ansehen, und zwar gleich nach der Eröffnung um 9 Uhr, da  ist noch nicht so viel los. Das ist wirklich ganz nett, es gibt alles mögliche und einiges Unmögliche, darunter ein paar Wundermaschinen die alles können und ein paar Wundermittel die gegen alles helfen. Aber es ist auch viel arts and crafts dabei, handgemachter Schmuck, selbstgemachte Schneidbretter und handgenähte Hüte. Außerdem gibt es Nonstop-Musikprogramm, den Anfang macht eine energiegeladene Trommeltruppe

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und danach kommen die Bagpipes

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beide euphorisch beklatscht.

Nach einem kurzen Abstecher zurück zum Hotel um ein bisschen Verpflegung zu bunkern geht es dann zur vereinbarten Zeit los. Insgesamt sind es circa 12 Leute, die mit Steve im Kleinbus via Whitianga erst zur Cathedral Cove und dann später weiter zur Hot Water Beach fahren. Das geht allerdings nicht „mal eben“. Wir müssen über den Höhenzug auf die andere Seite der Insel, und die Straße ist mindestens zu kurvig wie gestern die nach den Rapaura Watergardens. Zum Glück darf ich ganz vorne sitzen, damit mir nicht „queasy“ wird. Die letzten paar Meter schafft der schnaufende Kleinbus offenbar nur weil Steve ihm anfeuernd das Armaturenbrett tätschelt, danach atmet er tief durch und rast bergab Richtung Whitianga. Dieser Ort ist deutlich größer als Coromandel Town und wesentlich lebhafter, aber längst nicht so schön. Wir fahren danach noch etwa eine Dreiviertelstunde, bis wir den Parkplatz bei Cathedral Cove erreichen.

Cathedral Cove ist eine der großen Sehenswürdigkeiten der Coromandel. Ähnlich wie beim Hole in the Rock in der Bay of Islands hat das Wasser im Lauf der Zeit ein Loch in einen Felsen gefressen, allerdings in diesem Fall in einen Felsen der nun an einem Strand liegt. Aber es ist nicht so, dass man einfach vom Parkplatz ein paar Schritte zum Strand geht. Oh nein. Cathedral Cove liegt verborgen am Fuß eines steilen, bewaldeten Abhangs. Und wer dorthin will hat genau zwei Möglichkeiten: Entweder übers Wasser, zum Beispiel per Wassertaxi von Whitianga, oder zufuß über den Cathedral Cove Walkway, und der ist definitiv nichts für Asthmatiker. Wir nehmen den Walkway. Die Wegführung erinnert ein bisschen an die Driving Creek Railway oder auch die Kurvenstraßen die wir heute gefahren sind, er schlängelt sich von hier nach da und wieder nach hier, durch Buschwerk und riesige Farne, und er hat ganz ordentlich Steigungen und Gefälle. Die Leute, die uns entgegen kommen, haben überwiegend rote Gesichter, durchgeschwitzte Hemden und schnaufen hörbar. Die letzten 100 Meter bis zum Strand hinunter gehen über eine halsbrecherisch steile Treppe.

Und nachdem wir wieder zu Atem gekommen sind packen wir die Schuhe weg und die Fotoapparate aus.

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Vermutlich ist es ein Glück, dass Cathedral Cove so schwer zugänglich ist, sonst wäre es dort noch voller als ohnehin schon.

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Wir arbeiten uns wieder zurück zum Parkplatz, und oben angekommen haben wir rote Köpfe, durchgeschwitzte Hemden und wir schnaufen ganz ordentlich.

Steve gabelt uns auf und bringt uns noch ein paar Kilometer weiter zur Hot Water Beach. Hier liegen unter dem Strand heiße Gesteinsschichten, die das Wasser in den Schichten darüber erhitzen, so dass es zu Gas wird und durch Risse im Gestein nach oben steigt, wo es zwar kühler wird und auch wieder flüssig, aber doch noch immer ziemlich warm ist. Und wenn man an einem bestimmten Strandabschnitt bei Ebbe mit der geliehenen Schaufel ein großes Loch gräbt, füllt sich dieses mit heißem Wasser, und man kann sich in einen schönen heißen selbstgegrabenen Pool legen. Der Strandabschnitt in dem das funktioniert ist vielleicht 40 mal 40 Meter groß, und da wir Hauptsaison haben sieht Hot Water Beach aus wie ein Ameisenhaufen, in dem die Leute beim Buddeln quasi übereinanderfallen.

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Ich verzichte auf Spaten und Buddelei und mache einen schönen erholsamen Strandspaziergang am Buddelfeld vorbei, und selbst am Rand des Feldes merke ich beim Gehen plötzlich dass die Füße warm werden. Ich bohre meine Füße nur wenige Zentimeter in den Sand und ziehe sie eiligst wieder heraus – Heidewitzka, da kann man sich echt Verbrühungen holen!

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Der Himmel hat sich in den letzten Stunden immer mehr zugezogen, es gab immer mal wieder sonnige Zwischenspiele aber nun wird es langsam richtig grau. Kurz nachdem wir wieder zu Steve in den Bus geklettert und abgefahren sind fängt es an zu regnen (perfektes Timing!), und es hat bis jetzt noch nicht aufgehört. War dringend nötig, die Wiesen hier sind schon ziemlich gelb und die Straßen staubig. Wetteronline zeigt für morgen eine graue Wolke mit Regentropfen, aber da ich ohnehin den halben Tag im Bus verbringen werde kann mir das vergleichsweise egal sein.

Rotorua, here I come!

Grün grün grün

Wenn der Blick auf das Smartphone nicht bestätigen würde, dass heute der erste Januar ist, wäre mir der Jahreswechsel völlig entgangen. Silvester? Feuerwerk? Partys und Gegröle bis in die Nacht? Mit Feuerwerksmüll bedeckte Straßen? Nicht in Coromandel Town. Kein Feuerwerk, keine Partys, nix. Ich konnte ungestört schlafen. Ich ziehe die Gardinen weg und voilà, die Sonne scheint. Der Magen knurrt (vermutlich aus Zorn über die Dosenspaghetti von gestern, die genau so schmecken wie alle anderen Dosenspaghetti im Rest der Welt, heute abend will ich doch lieber was richtiges essen gehen), also gehe ich kurz nach 7 Uhr die 100 Meter zum Bakehouse, das jeden Tag und auch an Feiertagen um 5.30 öffnet. Es gibt zwar nicht das erhoffte Schokocroissant, aber eine Blätterteigapfeltasche tuts auch. Wieder zurück gibts Frühstück in der Sonne auf dem Balkon,

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ich mache mir einen Tee, der vermutlich ein Allroundgetränk ist das je nach Wunsch in verschiedenen Verpackungen als schwarzer Tee, grüner Tee, Kräutertee oder Muckefuck durchgeht, der Geschmack hat irgendwas mit Frühstück zu tun und mit zwei Tütchen Zucker kann man ihn auch trinken, aber ob das nun wirklich schwarzer Tee war sei mal dahingestellt. Schnell ein bisschen Orangensaft hinterher kippen.

Um kurz nach 9 biegt zwar kein Taxi, dafür aber ein Privatwagen mit einer freundlichen Maori driver um die Ecke und erkennt mich mit geschultem Blick als wartende Taxikundin. Alle Haupttaxis sind unterwegs, sie hofft es macht mir nichts aus dass sie mit ihrem Privatwagen fährt. Sie sagt sie ist noch ein bisschen müde weil sie erst um 3 Uhr zuhause war – oha. Wo ich hin möchte? Rapaura Watergardens? Kennt sie nicht. Wir googeln gemeinsam die Adresse, und sie macht sich auf den Weg, eine Hand am Lenker, in der anderen Hand das Smartphone mit der Wegbeschreibung auf das sie immer wieder schaut. Und weil sie gegen halb elf die nächste Kundschaft bei Hannafords Wharf aufgabeln muss und wir erst gegen 10 bei den Watergardens sein werden (sagt Google Maps) fährt sie in ziemlich halsbrecherischen Tempo über eine Strecke die ausschließlich aus unübersichtlichen Kurven und one way bridges zu bestehen scheint. Zuhause wäre sie beim ersten Zusammentreffen mit einem Polizeiwagen sofort ihren Job los, aber sie macht das ziemlich routiniert, fragt zwischendurch mal freundlich „Am I scaring you with my driving? Don’t worry, I’ll take care of you!“ und schlängelt sich in rasender Geschwindigkeit durch die engen Kurven.  Wir erreichen die Watergardens kurz vor 10. Sie wird mich erst gegen halb zwei wieder abholen können, aber ich soll mir keine Sorgen machen, sie wird mich schon zu meiner 14-Uhr-Tour bringen.

Die Watergardens sind absolutely lovely. Auf verschlungenen, teilweise überwucherten Wegen schlendert man durch eine grüne Wildnis, in der immer mal wieder ein paar kleine Kunstwerke stehen, Wasser ist fast überall, ob als Teich oder als Wasserspiel.

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Der Weg endet an einem kleinen Wasserfall

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Ich bin gegen 11.30 Uhr zurück und bestelle im Café Koru etwas, was ganz unspektakulär „Half a Pizza with salad“ heißt, und was dann kommt ist ein wahres kleines Pizzagedicht. Drei kleine aber hoch mit Oliven, Pilzen und Tomaten belegte und mit leckerem Käse versehene Scheiben, die zusammen so ungefähr die most delicious half-a-pizza ever bilden. Genial gut.

Die freundliche Fahrerin holt mich dann doch gegen 12.45 Uhr ab und wir verbringen eine nicht ganz so hektische, dafür sehr unterhaltsame Fahrt zurück nach Coromandel Town, am Schluss stellen wir fest dass Katzen und Kinder gar nicht so unterschiedlich sind. (Vom Fell jetzt mal abgesehen.)
Sie setzt mich am Parkplatz ab wo der Bus für die Kauriwald-Tour abfährt, der auch beinahe im gleichen Moment kommt. Die Fahrerin kennen wir schon, sie hat die Shuttletour vom Fähranleger nach Coromandel Town begleitet. In einem vermutlich aus den 70ern stammenden Diesel-Dinosaurier, dessen Tür nicht richtig schließt und dessen Fahrer-Sonnenschutz alle 15 Sekunden runterrutscht, so dass die Fahrerin ihn alle 15 Sekunden mit einer Hand hochrollen muss, biegen wir auf die berühmt-berüchtigte Schotterpiste der 309 Road ein, die nicht aussieht als wäre sie für Kleinbusse ausgelegt, genau so wenig wie für Gegenverkehr, aber irgendwie erreichen wir (jetzt darf das Wortspiel wirklich mal ran) durchgeshüttelt den Waiau Kauri Grove, wo ich erstmals Kauribäume sehe. Es sind 5 oder 6, die da den Wald um sie herum deutlich überragen, und doch handelt es sich nach Kaurimaßstab um Teenager, erst circa 300 Jahre alt.

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Richtig erwachsene Kauris sind noch höher und haben bis zu 8 Meter Stammdurchmesser. Selbst unsere Teenager sehen schon sehr imposant aus, und es ist schade dass die Kauris gerade überall vom sogenannten Kauri dieback, dem Kauristerben bedroht werden, durch einen Mikroorganismus der offenbar mit der Erde verschleppt wird und die Wurzelfasern durchlöchert, so dass der Baum verdurstet. Man tut in Neuseeland was man kann um das Sterben einzudämmen, an allen touristisch genutzten Kauristandorten stehen Desinfektionsstationen, und es ist verboten von den wurzelfernen Pfaden abzuweichen. Leider ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig unklar ob all diese Vorsichtsmaßnahmen etwas nützen werden, denn der Erreger überlebt bis zu 10 Jahre im Erdreich, und es ist nicht unwahrscheinlich dass bereits vor dem Einrichten der Sicherheitsmaßnahmen Erreger angeschleppt wurden.

Wir rattern staubwolkenverbreitend zurück und machen noch einen kleinen Zwischenstopp an einem kleinen Wasserfall mitten im Wald, bevor wir um 16 Uhr wieder in Coromandel Town sind. Die Tourbuchung für morgen ist nach wie vor unklar, aber da es bis jetzt keine weiteren Interessenten gibt gehe ich davon aus dass sie nicht stattfinden wird. Ich werde wohl bei einer der anderen Touren mitfahren.

À la recherche du Lasagne perdu: In dem Bistro wo ich gestern den leckeren Chicken Slaw bekommen habe, hatte ich an der Theke große Scheiben Beef Lasagna gesehen und beschlossen, dass ich die mal probieren muss. Als ich heute Abend zur Theke komme steht zwar das Schild „Beef Lasagna“ noch da, allerdings ohne Beef Lasagna dahinter. „What can I get you, dearie?“ Ich frage nach eventuell vorhandenen Resten der Lasagne, eigentlich nur vollständigkeitshalber weil ich nicht glaube dass sie irgendwo noch was herzaubern kann. „I’ll just go and have a look“ verspricht sie und verschwindet im Küchenbereich. Und wirklich: „You’re in luck!“ sagt sie und hat das letzte Stück Lasagne dabei. Und das ist, genau wie die Pizza von heute mittag, ein absoluter Glückstreffer. Schön saftig, lecker gewürzt, viel Fleisch drin, und dazu gibt es noch ein kleines Töpfchen scharfen Dipp, ähnlich dem Sambal Oelek, schmeckt supergut dazu.

Und das war’s dann auch schon für heute. Ich sitze mit Fleecejacke auf dem Balkon und mache den Blog fertig, und dann geht’s ins Bett. Mal sehen was der morgige Tag so zu bieten haben wird! (Rein essensmäßig dürfte es ihm aber schwerfallen, den heutigen Tag zu überbieten.)

 

 

Ein Schmalspurtag

Endlich mal ein normaler Morgen. Ich hatte zwar den Wecker auf 6 Uhr gestellt (nicht ohne zuvor die Uhrzeit korrigiert zu haben), bin aber von selbst um kurz nach 5 wach und fühle mich durchaus ausgeschlafen. Wunderbares Bett, wenn alle Betten in den noch folgenden Hotels so wären, käme mir das übliche Warum-man-wieder-nach-Hause-fährt-Argument abhanden das da lautet: „… aber ich freu mich schon auf mein eigenes Bett!“ Ausgiebig Duschen und Haare waschen ist angesagt. Dann ein paar Anrufe nach Hause – in der Traveler SIM Card von vodafone sind 200 Minuten enthalten, die man nicht nur in NZ sondern z.B. auch nach Deutschland vertelefonieren kann. Zuhause offenbar alles in Ordnung (zumindest hat meine Mutter nichts davon gesagt dass Madämchen in Hungerstreik getreten ist und nun untröstlich der Magersucht anheim fällt). Ich mache mir in meiner Luxussuite (die wie ich feststelle auch noch über Waschmaschine UND Trockner verfügt) einen Tee und frühstücke gemütlich vor dem Fernseher, mit den Füßen auf dem Tisch, das letzte Schokocroissant vom Vortag. Das Taxi ist pünktlich und fährt dort vor wo ich warte, es bringt mich unter Umgehung der zahlreichen Baustellen (Auckland bekommt grade seine erste U-Bahn, ein Projekt das Milliarden kostet und bis mindestens 2022 den Straßenverkehr erheblich behindert, aber den morgendlichen gridlock im Berufsverkehr reduzieren soll) zum Hafen. Am Pier wo die Fähre nach Coromandel abfährt steht schon eine ziemliche Schlange, ich löse meinen Voucher gegen ein Ticket und setze mich diesmal lieber in die Innenkabine, ich werde heute nachmittag noch genug draußen sein. Zwei Stunden entspannter flotter Schiffsfahrt später (vorbei an den Inselchen im Golf von Auckland, wieder eine ganz zauberhafte Kulisse)

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landen wir bei strahlendem Sonnenschein an Hannafords Wharf und werden im Bus nach Coromandel Town geshuttelt. Coromandel Town ist ein winziges Städtchen auf der Coromandel-Halbinsel, mit einem winzigen towncenter, den man in 5 Minuten durchqueren kann. Der Ort ist aber ganz hübsch mit seinen Holzhäuschen, ist ein beliebter Ausgangspunkt für Tagestouren, und wimmelt heute von Menschen. Die Busbegleiterin sagte es gäbe zur Zeit kein einziges freies Bett im Ort. Zum Glück hab ich ja reserviert und marschiere mit dem so praktischen Rollrucksack die lächerlichen 300 Meter, die mich schon nach 20 Schritten raus aus dem Ort bringen und an deren Ende mein Hotelchen liegt. Die Anlage hat durchaus was Malerisches und wirkt mit den einzelnen Holzhäusern und den vielen Blumen und Baumfarnen nahezu tropisch.

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Ich habe eine Wohnung im zweiten Stock eines des Holzhäuschen, vorne ist eine Küchenzeile drin, ein Bad mit Fenster (!), ein Wohn-Schlafraum mit Doppelbett und Einzelbett, und dann noch ein niedlicher kleiner Balkon mit Blick auf den Hafen.

Innen wirkt das Ganze dann aber doch zumindest ein kleines bisschen nicht-mehr-so-neu. Es ist alles ausreichend sauber (naja, im Schrank könnte auch mal einer wischen, aber sonst alles einwandfrei), aber ungeschickterweise sind Teppichboden, Möbel und gardinen schwarz-grau, und da der Balkon von riesigen Farnen beschattet ist wirkt das Zimmer eher dunkel.

Schnell ein bisschen einrichten und dann erstmal Mittagessen suchen. Es gibt jetzt doch mal was halbwegs Gesundes: Chicken Slaw mit gerösteten Cashews, Mixsalat und Apfeldressing, sehr lecker, und das Gewissen kann sich jetzt endlich auch mal schlafen legen.
Es hat sich etwas bewölkt, was von Vorteil ist, weil ich sonst die Dreiviertelstunde Fußmarsch zur Driving Creek Railway in der Mittagshitze machen müsste. Entlang der Landstraße und mit der Hilfe von Google Maps komme ich auch problemlos hin.

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Die Driving Creek Railway ist eine Schmalstspur-Eisenbahn, die Neuseelands erster hauptberuflicher Töpfer mit seinen eigenen Händen gebaut hat, Schienen, Lok und alles drum rum. Ursprünglich zu dem Zweck, damit Holz und Lehm vom Berg herunter in seine Werkstatt befördern zu können. Und weil ihm der eine Hektar Land, den er ursprünglich besaß, nicht genug war, kaufte er später noch 60 Hektar Bergurwald dazu, in dem er seine Eisenbahn hochzog, wozu er dann einen dicken Kredit aufnehmen musste. Die Grenzen seines Landes kannte er zwar nicht genau, aber immer wenn ein Nachbar vor der Tür stand und höflich bat, er möge seinen Schienen doch bitte in seinem eigenen Land verlegen und nicht auf fremdem, baute er eben einfach eine Kurve ein die vom Nachbarn wieder wegführte. So etwa nach 10 Jahren hat die Bank dann wohl gemerkt dass er bisher noch keinen Dollar vom Kredit zurückgezahlt hatte – und als sie es dann merkten war er leider ziemlich abgebrannt. Also hat die Bank ihn gerüffelt und ihm dann „nachdrücklich“ nahegelegt, seine Werkstatt und die Eisenbahn der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Eintritt zu nehmen, damit mal wieder ein bisschen Geld fließt. So entstand eine Touristenattraktion, die bis heute zahlreiche zahlende Gäste nach Coromandel Town bringt. Es gibt drei Züge, in der Hauptsaison sind zwei davon mehrmals täglich unterwegs, und heute sind fast alle schon ausgebucht. Nach 15 Uhr geht es dann also auch für mich mit der Mini-Eisenbahn im Schneckentempo ratternd aufwärts, in Spiralen, über selbstgemachte Viadukte und über einige Wendepunkte (plötzlich fährt man rückwärts) durch den Urwald, die Bahn schraubt und windet sich zwischen Palmen, Farnen, Kanuka und frisch gesetzten Kauribäumen nach oben, immer wieder vorbei an selbstgetöpferten kleinen Kuriositäten oder teilsweise behelfsmäßig errichteten Stützwänden, teils aus selbstgebrannten Ziegeln, teils mit selbstgebrannter Keramik verkleidet und teils einfach aus mehreren hundert leeren Flaschen der örtlichen Pubs oder auch mal aus gebrauchten Autoreifen errichtet (wer kein Geld hat braucht Ideen).

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Am höchsten Punkt seines Landes hat er eine Aussichtsplattform errichten lassen die tolle Aussichten über den Bergurwald und über die Bucht auf die Inseln bietet.

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Nachdem jeder etwa 200 Fotos geschossen hat rappeln wir gemächlich wieder bergab. Unten angekommen hat sich die Sonne wieder mehr Freiraum verschafft, und ich marschiere in vollem Sonnenschein zurück nach Coromandel Town. Abendessen? Eigentlich könnte ich ja auch einfach mal eine Dose warm machen, wenn ich schon eine Küchenzeile habe. Also ab in den nahen Supermarkt: Dosenspaghetti, Joghurt und Müsliriegel für die nächsten Tage. Der Ablauf der nächsten beiden Tage ist noch nicht ganz sicher: Eigentlich bin ich übermorgen für eine Tageswanderung über den Coastal Walkway angemeldet, aber bis jetzt ist noch nicht sicher ob die Tour stattfinden wird, weil sich bisher niemand sonst angemeldet hat. Das wäre wirklich schade, die Tour würde ich gerne machen, aber wenn sie ausfällt hat der Veranstalter noch alternative Touren im Angebot bei denen ich ersatzweise mitfahren könnte. Für morgen habe ich gerade telefonisch noch eine Guided Tour durch einen Kauriwald gebucht. Die geht erst um 14 Uhr los, da wäre ja noch der ganze Vormittag frei. Und da fallen mir die Rapaura Watergardens ein – die hatte ich von Anfang an eingeplant, aber man kommt nur mit dem Auto hin und das Taxiunternehmen, das ich in der Planungsphase angemailt hatte, konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht sagen ob sie am 1. Januar einen Fahrer haben. Nun also Anruf beim Taxiunternehmen, und siehe da: Ja, es klappt. Morgen früh um 9 Uhr Abfahrt zu den Watergardens, da werde ich circa 2 Stunden Zeit haben weil ich vor der Kauriwaldtour um 14 Uhr noch was essen will.

Na bitte. Geht doch.

A perfect day (slightly flawed)

Der Tag fängt hektisch an. Ich hatte mir den Wecker gestellt, auf unchristlich frühe 5.30 Uhr. Ab 6.30 Uhr soll ich bereit stehen für das Pickup-Taxi dass mich zum Sky City Bus Terminal bringt, wo um 7.30 Uhr die Tour zur Bay of Islands losgeht. Damit hätte ich eine Stunde Zeit zum duschen, Haare waschen und frühstücken. Ich hab in meiner 2-Zimmer-Suite (was für ein Luxus!) wirklich sehr gut geschlafen, war nur  in der Nacht einmal wach geworden und hatte auf den Reisewecker geschaut: 14 Uhr 20? Och, ich hab vergessen ihn 12 Stunden vorzustellen. Macht nix, denkt mein gejetlagter Kopf, ich weiß ja dass ich nur 12 Stunden draufrechnen muss. Denkts und schläft wieder ein.
Ich werde wach, draußen ist es hell. Wie spät isses denn? Blick auf den Wecker: 18 Uhr 33. Moment mal, halb sieben? WAS??? Oh, ich Schaf, wenn der Wecker richtig wecken soll muss er natürlich auch vorher richtig gestellt werden … Panik! Duschen, Haare waschen  und frühstücken fällt aus. Ich zieh mir hastig was an, schaffe es noch die Croissants zu schnappen die ich gestern fürs Frühstück gekauf hatte, greife Rucksack und Jacke und stürme aus dem Zimmer. Nie ist ein Aufzug da, wenn man ihn braucht … aus dem 13. Stock muss man erst mal runter kommen. Aus dem Aufzug in die  Lobby und raus zum Vorplatz für die anreisenden Autos: Kein Pickup. Ein Blick auf die Taschenuhr: Halb sechs? Kann nicht sein. Blick aufs Handy: 6.45 Uhr. Oh f—- . Da wäre wohl vor dem Urlaub mal eine neue Batterie für die Uhr fällig gewesen. Zum Glück ist ein netter Concierge schon im Dienst. Nein, sagt er, er hat noch kein Pickup-Taxi gesehen. Könnte allerdings sein dass es am Eingang an der Queen Street gewartet hat, das Hotel hat nämlich zwei Eingänge. Na super. Er versucht für mich den Veranstalter zu erreichen um zu fragen ob der Pickup schon ohne mich gefahren ist, erreicht aber niemanden. Zum Glück ist das Sky City BusTerminal zufuß zu erreichen. Nach hastigem Bedanken wetze ich die Straßen hoch, dabei fällt mir ein dass ich die Sonnencreme vergessen habe (und die Sonnenbrille, und den Sonnenhut). Die Wettervorhersage hat für heute für die Bay of Islands 8 Sonnenstunden vorhergesagt, Sonnenschutz ist also dringend vonnöten. Glücklicherweise ist auf der Ecke ein Convenience Store, wo ich eine Tube Sun Tan Lotion mit SF50 bekomme. Da ist der SkyTower, wo ist nun das Bus Terminal? Aber auch das ist schnell gefunden, der Bus steht schon bereit, und vor mir ist erst ein anderer Gast da, ich bekomme also einen Platz weit vorne. Alles gut soweit, ich bin zwar ungewaschen, total zerzaust und hungrig, aber an Bord.

Unser Fahrer ist so etwas wie ein Paradiesvogel, er heißt Rachel und hatte offenbar ein früheres Leben als Mann, auch wenn er jetzt lange rotbraune Haare, Lippenstift und Nagellack trägt. Er/Sie unterhält den ziemlich gut gefüllten aber auch sehr bequemen Bus ohne Mühe 4 Stunden lang mit einer Mischung aus wirklich interessanten Infos über Auckland und die ganze Landschaft die wir durchqueren, und launigen kleinen Dönekes aus seinem eigenen Leben, durchmischt mit ein paar gnadenlosen Witzen über das Verhältnis zwischen Australiern und Neuseeländern (die Australier im Bus nehmen das sportlich). Wir fahren über die Harbour Bridge (witzige Konstruktion, als die erste Brücke den Verkehr nicht mehr stemmen konnte hat man in Japan weitere Einzelteile bauen und hierher schaffen lassen, die man dann einfach draufgeschweißt hat, daher der Spitzname „The Nippon Clip-On“). Hinter den letzten Wohngebieten von Auckland beginnt das Nirgendwo. Eine grüne, rollende Hügellandschaft mit Buschwerk, Weiden, Bächen und Wäldern, total idyllisch. Es gibt einen halbstündigen Stopp in einem Roadside Café namens CoffeePot, wo ich dann doch noch zu meinem Frühstück komme. Das Wetter sieht ziemlich gut aus, heiter mit nur wenig Wolken. Wir kommen gegen 11.15 Uhr in Paihia an, entsteigen leicht tiefgekühlt dem klimatisierten Bus und sind plötzlich mitten im Hochsommer. In Paihia, einem hübschen kleinen Küstenstädtchen,

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herrscht an der Waterfront reges Treiben: Weihnachtsferien. Zum Glück legt heute kein Kreuzfahrtschiff draußen vor der Bucht an, dann muss hier wohl der Wahnsinn toben. Bis zum Ablegen des Schiffes sind noch knapp zwei Stunden Zeit, und dank eines Tipps vom i-Site finde ich einen Juwelier der meiner Taschenuhr eine neue Batterie verpassen kann. Schnell noch ein paar Tempos kaufen, und dann, halleluja! gibt es endlich Pizza. Das ist zwar wiedermal nicht wirklich gesund, aber dafür folge ich ja ständig einer anderen neuseeländischen Richtlinie für gesundes Leben:

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Kurz nach ein Uhr geht es auf die „Dolphin Seeker“, leider mit Verzögerung weil sie schon mit Verspätung kommt. Mit meiner genetisch bedingten Angst vor Verspätung war ich schon relativ früh am Pier, dadurch bin ich eine der ersten auf dem Schiff und kann einen (für mich) optimalen Platz ergattern, draußen auf dem Zwischendeck aber unter dem kleinen Überhangdach. Und ab gehts durch die Bay of Islands, vorbei an den traumhaft schönen Inseln und Inselchen, felsig und baumbestanden, zwischendrin ein paar hügelige Wiesen drauf, mit faszinierenden Kliffs und Felsformationen. Man kann problemlos die ganze Cruise einfach nur damit verbringen, das Panorama zu genießen. Dazu der strahlend blaue Himmel oben drüber mit hübsch hingezupften, ganz wenigen Reiseprospektwölkchen.

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Höhepunkt ist am äußersten Ende das „Hole  in the rock“, ein durchlöcherter Fels, durch den das Schiff so grade eben auch hindurch fahren kann.

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Gegenüber am Festland der pittoreske kleine Leuchtturm von Cape Brett, mit einem pittoresken kleinen Leuchtturmwärterhäuschen daneben (Privatbesitz, seit den 70ern wird kein Leuchtturm in NZ mehr bewärtert).

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Vorbei an den Inseln machen wir uns dann auf den Rückweg. Ein Teil der Passagiere (der glückliche Teil der mehr Zeit hat) darf noch ein paar Stunden auf der Insel Urupukapuka verbringen, aber alle die den Bus nach Auckland zurück nehmen wollen/müssen, werden zuerst von Bord gelassen und müssen auf ein Schwesterschiff umsteigen, dass uns nach Paihia zurück bringt.

Die Rückfahrt verläuft stressfrei und diesmal ohne Kommentar von Rachel. Wir sind gegen 20 Uhr wieder in Auckland, und ich lasse mich diesmal vom Pickup zurückshutteln (leider kein Wortspiel à la „zurückshütteln“ möglich da alle Stoßdämpfer vorhanden und fully functional sind). Das Überspielen der Fotos und die gröbsten Textbausteine hab ich schon im Bus erledigt bzw. geschrieben, daher bin ich „schon“ jetzt gegen 21.30 Uhr fertig mit dem Blog. Das Abendessen ist dabei irgendwie ausgefallen, aber im Moment hab ich ohnehin das Gefühl dass essen eine total überbewertete Sache ist, die einen nur Zeit kostet mit der man lieber was anderes machen würde. Die Voucher für morgen hab ich schon rausgesucht, hoffentlich klappt es diesmal mit dem Zubringertaxi, ich bin auf die Coromandel-Fähre um 8.45 Uhr gebucht.

Halt, schnell noch den Wecker auf die richtige Zeit umstellen … (und ich will jetzt keine Wortwitze über Umstellungslaufzettel 😉 )

Was lange währt

… wird irgendwann müde.

Die Hinreise hat gut geklappt. Alle Bahnen pünktlich, es gab in Frankfurt ein kleines Misssverständnis bezüglich des Gates aber dank eines ausreichenden Zeitpolsters gab es keine Probleme. Der Flieger ist pünktlich los und hat seine Fluggäste nach knapp 12 Stunden ermattet aber wohlbehalten im Flughafen Changi in Singapur wieder ausgespuckt. Wir sind also mit schmerzenden Gliedern (irgendwann tun einem halt die Beine weh, da hilft kein noch so beqemer Sitz) aus der Boeing 777 gekrochen und direkt einem freundlichen Servicemitarbeiter in die Hände gelaufen, den man bezüglich der Anschlussflüge befragen konnte. Der hat mich dann erstmal quer durch den ganzen Transitbereich bis zum anderen Ende geschickt, wo ich dann feststellen durfte dass das Abfluggate kurzfristig geändert wurde: Das richtige Gate ist jetzt genau da, wo der freudliche Servicemitarbeiter gestanden hatte. Also quer durch den ganzen Transitbereich zurück. Auch hier dank des üppigen Zeitpolsters kein Problem. Leider haben wir Umsteigler nun den berühmten Eingangsbereich von Changi gar nicht zu Gesicht bekommen, aber wir waren auch gut mit Hin- und Herrennen beschäftigt: Das richtige Gate ist jetzt wo? Wo kriegt man die kostenlosen Voucher für Verzehr und Duty Free? Allein die Suche nach der Stelle die die Voucher ausgibt hat über eine halbe Stunde gedauert, und der Prozess der Ausstellung wirkt als wäre er eins zu eins aus dem deutschen Behördenhandbuch kopiert – und wo zum Kuckuck ist das Free Wifi? Ach da muss man sich für anmelden? An welchem Schalter denn? Ach, gar nicht am Schalter sondern am Automaten? Und der will erstmal den Reisepass einlesen? Und dann kriegt man einen Anmeldecode, der circa 15 Sekunden sichtbar bleibt, und wehe man braucht 16 Sekunden um einen Stift zum Notieren zu finden, dann verfällt der Code … Drei deutschsprachige Transitreisende haben zusammengearbeitet um die Rätsel Free-Wifi-Anmeldung zu lösen, und nur 2 haben es schließlich geschafft.

Und nach dem Einchecken des Handgepäcks (überall sind die Regeln ja anders, diesmal mussten keine Flüssigkeiten in durchsichtige Plastikbeutel separiert werden, dafür durfte die gerade erst im Transitbereich erstandene Flasche Wasser partout nicht mit) wartete vor dem Fenster des Gates dann der Airbus 380, der uns nach Auckland bringen sollte. Das ist wirklich ein ziemlicher Brummer. Die Boeing vom Hinflug wirkt daneben recht blass, ein Eindruck der sich im Inneren noch verstärkt. Der Airbus ist natürlich neuer, hat nach allen Seiten und nach oben mehr Platz und ist luftiger und moderner als die vermutlich schon etwas in die Jahre gekommene 777. Und wenn man dann noch Premium Economy fliegen kann statt der üblichen Holzklasse, dann kann man den langen Flug wirklich ganz gut aushalten, im Airbus haben sich Gelenkschmerzen erst wesentlich später eingestellt. Das Nonplusultra wäre natürlich die erste oder die Business Class, die können nämlich aus ihrem Sessel ein Bett basteln, leider kostet die Sache dann etwa dreimal soviel wie Premium Economy.

Die Fluggesellschaft muss ich hier aber schonmal loben, Singapore Airlines bietet nicht nur guten Service sondern auch durchaus gutes Essen. Natürlich ist wie überall am Himmel sonst auch alles in Plastik verpackt, aber die Möglichkeit, sich schon zuhause die Speisekarte anschauen und aus gefühlen 20 verschiedenen Menüs eins bestellen zu können ist schon praktisch. Die Menüs sind naturgemäß asia-lastig, aber sie schmecken wirklich nicht schlecht, und die Croissants zum Frühstück waren schön warm. Zwischendurch bekommt man immer wieder heiße Handtücher gereicht oder Snacks, Getränke oder Eis angeboten. Und die Crew war immer nett und hilfsbereit. Und auch das Entertainmentsystem ist nicht von schlechten Eltern, neben etwa 30 neuen Spielfilmen, die teilweise noch im Kino laufen, und noch etwa 50 weiteren Spielfilmen und massenhaft Serien gibt es noch Dokus und Musik und diverse Spiele. Für Unterhaltung ist also reichlich gesorgt, aber wenn der Flug abends um 21 oder 22 Uhr losgeht ist nach dem ersten Spielfilm sowieso erstmal Sense, da sieht man nach und nach die Leute vor ihren Displays einnicken, langsam wird das Kabinenlicht gedimmt und schwuppdiwupp schnurcheln 300 Leute in schönster Einigkeit vor sich hin.

Und bevor man sich versieht nuschelt der Kapitän auch schon was von „we will begin our descent to  Auckland International Airport“ ins Bordmikro – du liebe Güte, wir sind wahrhaftig da. Als erstes müssen die während des Fluges auszufüllenden Einreisefragebögen vorgelegt werden: Wie lange werden Sie bleiben? Wenn Sie länger bleiben als vorgesehen werden Sie strafverfolgt. Haben Sie womöglich Obst dabei? Melden Sie es an oder zahlen Sie 400 NZ-Dollar Strafe. Outdoor-Ausrüstung? Zeigt her eure Schuhe … Okay. Dann das Gepäck vom Band holen: Donnerwetter, mein Rollrucksack kommt wir quasi vor die Füße gerollt, es kann sofort weitergehen. Jetzt noch an dem Hund vorbei der verstecktes Obst, vergessene Butterbrote oder eingeschleppten Schlamm erschnüffeln kann … der Hund wedelt höflich, seine Hundeführerin ruft einem fröhlich „Thank you!!!“ hinterher, und dann steht man auch schon in der Ankunfthalle. Schnell noch neuseeländische SIM-Karten besorgen, dann den ersten Voucher zücken: Taxi zum Hotel. Das Taxi steht schon bereit und bringt mich und zwei andere in 20 Minuten nach Auckland rein. Schon auf dieser Fahrt fällt auf dass in Auckland Großstadtfeeling wirklich nur im CBD, im Central Business District, aufkommt. Im Reiseführer steht, dass das Streben der Kiwis nach freistehenden Häusern mit nicht zuwenig Land drumrum dazu geführt hat, dass Auckland eine breit ausufernde aber in den Bereichen außerhalb des Zentrums nahezu ländlich anmutende Großstadt geworden ist. Die Stadtrundfahrt, die ich nach einem kurzen Einchecken im Hotel noch mache, bestätigt den Eindruck. Außerhalb des CBD kaum eine Spur von enger Bebauung, geschweige denn von Gebäuden die mehr als 3 Stockwerke haben (mal abgesehen von Krankenhäusern oder der Universität), nur sehr selten steht mal irgendwo ein Firmenhochhaus, und die wirken dann so deplatziert dass man meint sie würden sich ständig in leicht gebückter Haltung für ihre Größe entschuldigen.

Ich bekomme ein paar Landmarks zu sehen (Ferry Building, Auckland Museum, Sky Tower) und springe beim Eden Garden vom Hop-on-hop-off-Bus herunter, um mich dort eine Stunde lang umzusehen. Vielleicht könnte man hier von einem botanischen Urwald-Garten sprechen, das Gelände liegt am Berg und ist sehr eng, neben ein paar alten Bekannten wie Hortensien, Taglilien und Achilleen (alle in voller Blüte, während im Shop noch die Weihnachtsdeko hängt) strotzt der Garten wie Auckland überhaupt vor Baumfarnen (im Stadtgebiet gibt es außerdem riesige Agapanthus, beinahe an jeder Ecke, und ganze Straßenzüge mit lila blühenden Jacaranda-Bäumen). Durch die enge, steile Lage und die verwinkelten Wege, die auch noch reichlich berieselt werden, wähnt man sich im Regewald.

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Und wenn man erst die Vogelstimmen hört meint man vollends man sei am Amazonas unterwegs. Komische Vögel sind das, sie geben Töne von sich dass man meint einen minderbegabten Vogestimmenimitator zu hören, sie quaken und keckern und flöten unflätig herum, und manch einer scheint einfach ein paar Klingeltöne auswendig gelernt zu haben. Wenn man die frechen Viecher nicht herumflattern sähe könnte man fast glauben, im Gebüsch wären Mikros versteckt und irgendwo hinter einem riesigen Farn filmt jemand die dummen Gesichter der Besucher, die sich bei solch albernem Gepiepe irgendwann vergackeiert vorkommen weil einfach kein normaler, gesitteter europäischer Vogel solche schon beinahe satirisch anmutenden Laute von sich geben würde.

Aber es laufen auch noch andere komische Vögel da herum:

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(Ziemlich aufgeplüscht … Könnte vielleicht an der hohen Luftfeuchtigkeit liegen.)

So gegen 15 Uhr macht sich dann doch der Jetlag bemerkbar. Nur noch schnell was essen … Nach zwei asiatische Essen an Bord wär mir jetzt so richtig nach Pizza. Dumm nur, dass Pizza offenbar nicht in Mode ist. Nirgends eine Pizzeria oder überhaupt irgendein Italiener zum Hinsetzen, dafür massenhaft asiatische Restaurants. Och nö … Da, endlich! Doch halt: „Closed, see you all on January 4th!“ Mist, die haben Weihnachtsferien. Überhaupt komisch, wenn über der Straße ein riesiger Weihnachtsmann mit zwei riesigen Rentieren hängt, während untendrunter massenhaft asiatischer Touristen in T-Shirts und FlipFlops und der ein oder andere Kiwi auch mal barfuß unterwegs ist. Weird world.

Hier ist es jetzt gleich halb neun Uhr abends. Gute Nacht …