Grün grün grün

Wenn der Blick auf das Smartphone nicht bestätigen würde, dass heute der erste Januar ist, wäre mir der Jahreswechsel völlig entgangen. Silvester? Feuerwerk? Partys und Gegröle bis in die Nacht? Mit Feuerwerksmüll bedeckte Straßen? Nicht in Coromandel Town. Kein Feuerwerk, keine Partys, nix. Ich konnte ungestört schlafen. Ich ziehe die Gardinen weg und voilà, die Sonne scheint. Der Magen knurrt (vermutlich aus Zorn über die Dosenspaghetti von gestern, die genau so schmecken wie alle anderen Dosenspaghetti im Rest der Welt, heute abend will ich doch lieber was richtiges essen gehen), also gehe ich kurz nach 7 Uhr die 100 Meter zum Bakehouse, das jeden Tag und auch an Feiertagen um 5.30 öffnet. Es gibt zwar nicht das erhoffte Schokocroissant, aber eine Blätterteigapfeltasche tuts auch. Wieder zurück gibts Frühstück in der Sonne auf dem Balkon,

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ich mache mir einen Tee, der vermutlich ein Allroundgetränk ist das je nach Wunsch in verschiedenen Verpackungen als schwarzer Tee, grüner Tee, Kräutertee oder Muckefuck durchgeht, der Geschmack hat irgendwas mit Frühstück zu tun und mit zwei Tütchen Zucker kann man ihn auch trinken, aber ob das nun wirklich schwarzer Tee war sei mal dahingestellt. Schnell ein bisschen Orangensaft hinterher kippen.

Um kurz nach 9 biegt zwar kein Taxi, dafür aber ein Privatwagen mit einer freundlichen Maori driver um die Ecke und erkennt mich mit geschultem Blick als wartende Taxikundin. Alle Haupttaxis sind unterwegs, sie hofft es macht mir nichts aus dass sie mit ihrem Privatwagen fährt. Sie sagt sie ist noch ein bisschen müde weil sie erst um 3 Uhr zuhause war – oha. Wo ich hin möchte? Rapaura Watergardens? Kennt sie nicht. Wir googeln gemeinsam die Adresse, und sie macht sich auf den Weg, eine Hand am Lenker, in der anderen Hand das Smartphone mit der Wegbeschreibung auf das sie immer wieder schaut. Und weil sie gegen halb elf die nächste Kundschaft bei Hannafords Wharf aufgabeln muss und wir erst gegen 10 bei den Watergardens sein werden (sagt Google Maps) fährt sie in ziemlich halsbrecherischen Tempo über eine Strecke die ausschließlich aus unübersichtlichen Kurven und one way bridges zu bestehen scheint. Zuhause wäre sie beim ersten Zusammentreffen mit einem Polizeiwagen sofort ihren Job los, aber sie macht das ziemlich routiniert, fragt zwischendurch mal freundlich „Am I scaring you with my driving? Don’t worry, I’ll take care of you!“ und schlängelt sich in rasender Geschwindigkeit durch die engen Kurven.  Wir erreichen die Watergardens kurz vor 10. Sie wird mich erst gegen halb zwei wieder abholen können, aber ich soll mir keine Sorgen machen, sie wird mich schon zu meiner 14-Uhr-Tour bringen.

Die Watergardens sind absolutely lovely. Auf verschlungenen, teilweise überwucherten Wegen schlendert man durch eine grüne Wildnis, in der immer mal wieder ein paar kleine Kunstwerke stehen, Wasser ist fast überall, ob als Teich oder als Wasserspiel.

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Der Weg endet an einem kleinen Wasserfall

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Ich bin gegen 11.30 Uhr zurück und bestelle im Café Koru etwas, was ganz unspektakulär „Half a Pizza with salad“ heißt, und was dann kommt ist ein wahres kleines Pizzagedicht. Drei kleine aber hoch mit Oliven, Pilzen und Tomaten belegte und mit leckerem Käse versehene Scheiben, die zusammen so ungefähr die most delicious half-a-pizza ever bilden. Genial gut.

Die freundliche Fahrerin holt mich dann doch gegen 12.45 Uhr ab und wir verbringen eine nicht ganz so hektische, dafür sehr unterhaltsame Fahrt zurück nach Coromandel Town, am Schluss stellen wir fest dass Katzen und Kinder gar nicht so unterschiedlich sind. (Vom Fell jetzt mal abgesehen.)
Sie setzt mich am Parkplatz ab wo der Bus für die Kauriwald-Tour abfährt, der auch beinahe im gleichen Moment kommt. Die Fahrerin kennen wir schon, sie hat die Shuttletour vom Fähranleger nach Coromandel Town begleitet. In einem vermutlich aus den 70ern stammenden Diesel-Dinosaurier, dessen Tür nicht richtig schließt und dessen Fahrer-Sonnenschutz alle 15 Sekunden runterrutscht, so dass die Fahrerin ihn alle 15 Sekunden mit einer Hand hochrollen muss, biegen wir auf die berühmt-berüchtigte Schotterpiste der 309 Road ein, die nicht aussieht als wäre sie für Kleinbusse ausgelegt, genau so wenig wie für Gegenverkehr, aber irgendwie erreichen wir (jetzt darf das Wortspiel wirklich mal ran) durchgeshüttelt den Waiau Kauri Grove, wo ich erstmals Kauribäume sehe. Es sind 5 oder 6, die da den Wald um sie herum deutlich überragen, und doch handelt es sich nach Kaurimaßstab um Teenager, erst circa 300 Jahre alt.

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Richtig erwachsene Kauris sind noch höher und haben bis zu 8 Meter Stammdurchmesser. Selbst unsere Teenager sehen schon sehr imposant aus, und es ist schade dass die Kauris gerade überall vom sogenannten Kauri dieback, dem Kauristerben bedroht werden, durch einen Mikroorganismus der offenbar mit der Erde verschleppt wird und die Wurzelfasern durchlöchert, so dass der Baum verdurstet. Man tut in Neuseeland was man kann um das Sterben einzudämmen, an allen touristisch genutzten Kauristandorten stehen Desinfektionsstationen, und es ist verboten von den wurzelfernen Pfaden abzuweichen. Leider ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig unklar ob all diese Vorsichtsmaßnahmen etwas nützen werden, denn der Erreger überlebt bis zu 10 Jahre im Erdreich, und es ist nicht unwahrscheinlich dass bereits vor dem Einrichten der Sicherheitsmaßnahmen Erreger angeschleppt wurden.

Wir rattern staubwolkenverbreitend zurück und machen noch einen kleinen Zwischenstopp an einem kleinen Wasserfall mitten im Wald, bevor wir um 16 Uhr wieder in Coromandel Town sind. Die Tourbuchung für morgen ist nach wie vor unklar, aber da es bis jetzt keine weiteren Interessenten gibt gehe ich davon aus dass sie nicht stattfinden wird. Ich werde wohl bei einer der anderen Touren mitfahren.

À la recherche du Lasagne perdu: In dem Bistro wo ich gestern den leckeren Chicken Slaw bekommen habe, hatte ich an der Theke große Scheiben Beef Lasagna gesehen und beschlossen, dass ich die mal probieren muss. Als ich heute Abend zur Theke komme steht zwar das Schild „Beef Lasagna“ noch da, allerdings ohne Beef Lasagna dahinter. „What can I get you, dearie?“ Ich frage nach eventuell vorhandenen Resten der Lasagne, eigentlich nur vollständigkeitshalber weil ich nicht glaube dass sie irgendwo noch was herzaubern kann. „I’ll just go and have a look“ verspricht sie und verschwindet im Küchenbereich. Und wirklich: „You’re in luck!“ sagt sie und hat das letzte Stück Lasagne dabei. Und das ist, genau wie die Pizza von heute mittag, ein absoluter Glückstreffer. Schön saftig, lecker gewürzt, viel Fleisch drin, und dazu gibt es noch ein kleines Töpfchen scharfen Dipp, ähnlich dem Sambal Oelek, schmeckt supergut dazu.

Und das war’s dann auch schon für heute. Ich sitze mit Fleecejacke auf dem Balkon und mache den Blog fertig, und dann geht’s ins Bett. Mal sehen was der morgige Tag so zu bieten haben wird! (Rein essensmäßig dürfte es ihm aber schwerfallen, den heutigen Tag zu überbieten.)

 

 

Ein Gedanke zu „Grün grün grün

  1. Jetzt hab ich auch Lust auf Pizza oder wahlweise Lasagne 😀
    Ich drück die Daumen, dass es heute trotzdem eine schöne Tour gibt.

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