Schöner Schwefel

Wieder ist früh aufstehen angesagt. Das Hotel bietet die Möglichkeit, Wunschfrühstück ins Zimmer zu liefern, und das will ich mal ausprobieren. Das Ergebnis ist das erste vernünftige Frühstück seit ich aus dem Flieger gestiegen bin. Der Tee, der auf dem Zimmer zur Verfügung steht, ist richtiger Tee, dazu habe ich Toast, Marmelade und frisch gepressten Orangensaft bestellt, alles sehr lecker.

Ich werde wie verabredet aufgelesen und mit einer Handvoll anderer Leute mit (man ahnt es bereits) einem Kleinbus zum Waimangu Volcanic Valley gebracht. Die Fahrt geht durch friedliche Weidelandschaften, und man könnte fast nicht glauben, dass es in der Nähe vulkanische Aktivität gibt, wenn da nicht die Risse auf den Wiesen und Weiden wären, und der Fahrer erwähnt, dass hier eine Fault Line verläuft, eine Erdfalte.

Waimangu ist nur eine von mehreren geothermal sights, die Rotorua und Umgebung zu bieten haben. Die bekannteste ist vermutlich Wai-o-Tapu, dort gibt es auch einen großen Geysir und bunte Ablagerungen. Das hat Waimangu zwar nicht in diesem Maß zu bieten, aber dafür ist es auch nicht so reißerisch-touristisch aufgemacht. Und deshalb hat Waimangu etwas zu bieten womit Wai-o-Tapu vermutlich nicht aufwarten kann: Idylle, Ruhe und Vogelzwitschern. Wir kommen um 9 Uhr an und sind fast alleine dort. Jeder kann in seinem eigenen Tempo den Kiespfad hinunter wandern, gut 3,5 Kilometer durch Wald und Farn. An der Kasse bekommt man einen ausführlichen Folder mit Karte, den es in verschiedenen Sprachen gibt, und damit macht man eine „self-guided tour“. Man sieht am Anfang erstmal den Emerald Lake, der eigentlich noch nach nix aussieht außer nach schöner Landschaft, aber dann wird’s immer deutlicher geothermisch. Dampfende Kraterseen, Silikatterrassen, brodelnde und spuckende Wasserlöcher … überhaupt dampft und qualmt es an allen Ecken und Enden, und die ganze Gegend riecht nach Schwefel. Es ist wirklich faszinierend, und das alles ist eingebettet in die wunderschöne Landschaft rundum – man schaut quasi der Welt beim Entstehen zu und blickt auf eine Zeit weit vor dem Auftauchen des Menschen auf der Bildfläche.

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Bald kommt die Sonne heraus, und die Senke heizt sich ziemlich auf. Weiter unten im Tal wird es flacher, und schließlich stößt man auf einen See, den Lake Rotomahana. Dort wird eine Bootstour angeboten, was in touristischer ausgerichteten Stätten vermutlich hieße dass da mindestens ein Kiosk steht, ein Eisverkäufer und ein „Your-picture-taken“-Stand. Das Schöne an an Waimangu ist, dass das alles komplett fehlt. Man kommt am See an und alles was man da findet sind ein paar Sitzbänke und ein kleiner Holzanleger für das Boot. Totale Stille. Na gut, nicht total … je näher man dem See kommt desto lauter wurde ein Geräusch dass ich zunächst (Bay of Islands lässt grüßen) für Jetski-Lärm hielt. Es handelt sich schlicht und ergreifend um Froschquaken, aber die Lautstärke! Du meine Güte, was müssen das für Frösche sein! Sind bestimmt Bullfrogs.

Dachte ich. Es war schierer Zufall, dass ich auf dem Kiesweg am See etwas bemerkte das ich erst für ein Blatt hielt, aber siehe da:

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Der selbsternannte Trompetenfrosch ist noch nichtmal so groß wie meine Hand, dafür aber mindestens so schwer von Begriff wie mein Kater. Es bedurfte der tatkräftigen Nachhilfe von zwei Menschen, den Frosch von der potenziell selbstmörderischen Lage zu überzeugen in der er sich da befand. Tarnfarbe auf Menschenweg ist keine gute Idee, auch wenn noch nicht so viel Menschen da sind. Eingesehen hat er das nicht, aber er ist schließlich der rohen Gewalt in Form eines Astes gewichen und mit einem einzigen ziemlich großen Satz im Röhricht verschwunden, wo er hingehört.

Einmal pro Stunde kommt  ein angestaubter Bus und fährt diejenigen, die den Weg nicht zufuß wieder hochgehen wollen, über einen von den Wanderwegen getrennten Schotterweg wieder zurück zum Eingang, wo man durch einen kleinen Shop geleitet wird und schließlich in einem kleinen Café etwas essen kann. Ganz ohne diese kommerziellen Ergänzungen kommt auch Waimangu nicht aus, aber beides ist eher unauffällig und dezent gestaltet.

Als wir oben ankommen ist schon deutlich mehr los als heute früh, der kleine Parkplatz ist voll. Und trotzdem sieht man hier keine Menschenmassen den Berg runterströmen, es verläuft sich ziemlich.

Wir sind gegen 14 Uhr zurück in Rotorua, bei strahlendem Sonnenschein. Es gäbe so schrecklich viel, was man jetzt machen könnte, von Jetboat über Kajak bis zu so abgefahrenen Aktivitäten wie Zorbing (in großen durchsichtigen Bällen einen Hang hinunter kugeln), aber ich entscheide mich zunächst für den Kuirau Park, einen öffentlichen Park der relativ nahe am I-Site liegt und in dem man völlig kostenlos heiße Quellen und qualmende Teiche anschauen kann. Außerdem gibt es zwei geothermale Footpools, man sitzt am Rand und lässt die Beine ins warme Wasser baumeln, herrlich.

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Mit so erholten Füßen wandere ich zurück ins Zentrum und zu den Government Gardens. Ein englischer Reiseführer benutzt den Begriff des „manicured garden“, und das ist sicher richtig, aber wenigstens ist er schön manikürt. Hat alles noch etwas von Pracht und Herrlichkeit der Kolonialzeit.

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Und jetzt vielleicht mal bei der Skyline vorbeischauen? Eine Gondelbahn von Rotorua hinauf auf den Berg, und wenn man da oben schon eine Bergstation hinbaut, warum dann nicht gleich eine Sky-Swing daneben bauen und einen Mountainbike-Parcours, drei Go-Kart-Bahnen und eine Zipline von oben ins Tal rasen lassen? Ich will heute aber mal keinen Thrill sondern einfach nur die Aussicht anschauen, außerdem hoffe ich dass ich einen Platz im Restaurant in der Bergstation bekomme, das als bestes Restaurant Rotoruas gilt und neben einer tollen Aussicht auch ein tolles Buffet bieten soll. Leider klappt das nicht, vollkommen ausgebucht. Macht nix, die Aussicht ist super.

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Jetzt reichts aber auch für heute. Vom I-Site zur Skyline hab ich mir ein Taxi gegönnt, aber zurück probiere ich mal den Bus aus. Der nette Hotelbesitzer sagte, als ich nach dem Bus gefragt habe: Ja, stimmt, die Busse sieht er öfter mal. Genutzt hat er sie aber noch nie. Die Leute hier sind keine großen Busfahrer, sagt er. Wenn man in die vorbeifahrenden Busse mal reinschaut kann man das nur bestätigen, meistens sitzen nur 3 oder 4 Figuren drin. Aber irgendwie hat den Leuten hier auch keiner erklärt wie sowas funktioniert. Es gibt an den Haltestellen keine Fahrpläne auf denen steht wann hier welcher Bus ab- und wohin fährt. Es gibt stadtweit an allen Haltestellen immer den gleichen Aushang, auf dem steht an welchen 6 wichtigen Haltestellen im Stadtgebiet ein Bus dieser Linie wann hält bzw. halten müsste. Und daraus muss man sich entweder selbst zusammenreimen was das nun für die eigene Haltestelle heißt, oder man sendet eine SMS mit dem Zahlencode der Haltestelle an der man gerade steht  und erhält im Gegenzug genau eine Auskunft, nämlich wann der nächste Bus an dieser Haltestelle planmäßig abfahren müsste. Keiin Wunder dass kaum jemand Bus fährt.

Heute Abend gibts nochmal Pizza, und dann muss ich auch schon wieder alles zusammenpacken weil morgen die nächste Etappe der Tour de Neuseeland ansteht. Hoffentlich kommt das Taxi pünktlich …

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