Wildes Leben

Es regnet. Beim Aufwachen. Beim Frühstück. Auf dem Fußweg ins Otago Museum.

Im Gegensatz zum Otago Settlers Museum ist das Otago Museum nicht mit der Siedlungsgeschichte Dunedins befasst. Es ähnelt eher derm Te Papa Tongarewa in Wellington, nur eben mit dem Schwerpunkt Otago. Dreistöckig, hell und weitläufig. Es gibt schöne Stücke zur Geschichte der Maori-Besiedlung,

zu den Pazifikvölkern,

und noch viel mehr, zum Beispiel zur Seefahrtgeschichte, Mode im Wandel der Zeiten, Geographie, Leben im Meer, eine ganze Etage mit ausgestopften Tieren. Aber egal wie voll die Abteilungen sind – um 11 Uhr werden sie schlagartig leer. Da werden nämlich im Regenwald-Schmetterlingsgehege täglich die frisch geschlüpften Schmetterlinge freigelassen, und das ganze Museum strömt dorthin, um sich das anzuschauen.

Nach einem kurzen Schlenker in die Abteilungen „Maritime“ und „Nature“

gibts ein kleines Mittagessen, danach setze ich mich ins Planetarium zu einem 3D-Film über die Entstehung des Universums (sehr schön gemacht).

Als ich aus dem Museum rauskomme ist es zwar noch grau, aber es hat aufgehört zu regnen. Ich gehe zurück zum Octagon und trinke in einem kleinen Studentencafé einen Tee, bevor ich quer über den Platz zur I-Site gehe um mich um halb vier mal wieder uppicken zu lassen. Ich bin für eine Wildlife-Tour angemeldet.

Der Bus kommt mit Verspätung und ist voller Chinesen, dazwischen eine Kanadierin, eine junge Deutsche, ein schüchterner älterer Italiener und ein älteres US-amerikanisches Paar. Wir alle werden auf die Otago Peninsula gefahren, und oh dear, das ist keine Fahrt für schwache Nerven. Nicht wegen der Geschwindigkeit sondern wegen der Kurven. Wir fahren die Uferstraße entlang, links der Meeresarm, rechts Felsen, jeweils keine 30 Zentimeter Platz am Rand, und die Straße besteht nur aus Kurven. Gegenverkehr ruft Extrasystolen hervor, und die Kurverei schlägt manch einem auf den Magen. Es dauert über eine halbe Stunde, bis wir den ersten Teil der Passagiere an einem kleinen Pier absetzen, von wo aus sie ihre einstündige Schiffsfahrt mit Albatrossbeobachtung antreten. Der Rest wird nochmal eine Viertelstunde weiter geschaukelt bis zur Nordspitze Tairoa Head, wo das Royal Albatross Centre ist. Wir dürfen zwar nicht in den Bereich am äußersten Ende, wo die Albatrosse nisten, das darf man nur mit einer speziellen Führung die extra bezahlt werden müsste. Aber einer unserer Guides erklärt uns, woran man den fliegenden Albatross erkennt: Er ist natürlich größer als die Mengen von Möwen, die es hier auch gibt, er hat eine deutlich höhere Spannweite, und er ist ein Gleitflieger, während die Möwen ihre Flügel ständig bewegen.

Wir können ein paar Albatrosse ausmachen, bis uns ein Donnerschlag verschreckt und ins Centre reinscheucht. Dort gibt ein paar Infotafeln an den Wänden und ein kleines Café, wo wir den Regen auszusitzen versuchen.

Es hilft nichts, wir müssen nach einer Dreiviertelstunde wieder los um die Schiffsfahrer abzuholen. Jeder der Regenzeug dabeihat verpackt sich in alles was er hat, ich bin in Regenhose, Regenjacke und Rucksack-Regenschutz gewickelt und fühle mich angenehm warm und trocken. Ein paar von den Chinesen haben die Sache mit der Regenkleidung (auf die bei der Anmeldung mehrfach hingewiesen wird) entweder nicht verstanden oder nicht beachtet, die schauen etwas sparsam. Wir sammeln die Schiffsleute ein, und weiter geht es auf engen, kurvigen Schotterwegen, nochmal etwa eine halbe Stunde, bis zu dem vom Veranstalter gepachteten Farmland. Elm Wildlife Tours hat hier ein Reservat geschaffen und die natürlichen Voraussetzungen so erweitert und ergänzt, zum Beispiel durch zusätzliche Aufforstung, dass Rückzugsgebiete für Seelöwen und Pinguine entstanden sind. Alle Tiere bewegen sich hier frei, und es ist immer ein bisschen Glückssache ob man zum Beispiel Seelöwen sehen wird oder nicht, die Fellrobben ziehen aber im Moment ihre Jungen auf und die sind eigentlich immer an einer bestimmten Stelle anzutreffen, und die Pinguine kommen immer abends an Land um ihre Jungen zu füttern.

Als wir aussteigen regnet es immernoch, was einige der Chinesen dazu veranlasst, im Bus zu bleiben, obwohl das, was jetzt kommt, der eigentliche Sinn und Höhepunkt der Tour ist. Und wundersamerweise lässt nach wenigen Minuten der Regen nach und die Sonne kommt raus, plötzlich haben wir strahlendes Wetter, windig zwar aber durchgehend sonnig. Und die Landschaft …!

Vorbei an Möwen und Schafen

geht es zu einem Aussichtspunkt über einer felsigen Bucht, wo viele kleine schwarze Fellrobbenbabys über die Kliffs toben, von ein paar Anstandsmamas bewacht. Die Babys rutschen in Tümpel, scheuchen sich gegenseitig, wälzen sich wild flossenpatschend im Wasser oder hatschen auf den nächsten Felsen, um quäkend nach der Mama und dem Abendessen zu rufen. Man könnte Stunden mit Zuschauen verbringen.

Wir gehen weiter, an den Kliffs vorbei und dann runter zum Strand.

Dort ist Seelöwenrevier. Wir bekommen strenge Verhaltensregeln, denn so ein Seelöwenbulle mit seinen 200  bis 300 Kilo in voller Fahrt ist kein Gegner den man sich wünscht. Wir treffen auf zwei jüngere Bullen und lassen ihnen höflich den Vorwatschel.

Wir gehen nun weiter zu drei Beobachtungshütten im Pinguinbereich. Während wir dort versteckt sitzen kommen mitten im Möwenschwarm nach und nach 8 Gelbaugen-Pinguine an Land und watscheln uns entgegen. Zwischendurch bleiben sie immer wieder stehen und breiten die Flügel aus, um sich von der Anstrengung des Watschelns abzukühlen. Hopsend verschwinden sie in den Dünen.

Von einer zweiten Hütte aus haben wir Blick auf  ein Nest, wo zwei ziemlich große Küken auf ihre Eltern warten.

Wir verbringen insgesamt zwei Stunden im Wildreservat, und keine Minute ist langweilig. Unser Guide hat immer etwas, was er uns erklären kann, und wenn man grade mal nicht die Tiere anschaut oder das hundertfünfzigste Foto schießt, kann man auch einfach nur Landschaft genießen.

Um halb neun machen wir uns auf der gleichen kurvigen Straße auf den Rückweg und erreichen Dunedin schließlich im Dunkeln. Abendessen muss heute mal wieder ausfallen.

Und nun muss ich wirklich schon wieder packen. Morgen geht es nochmal kurz nach Christchurch, bevor ich übermorgen wahrhaftig die Heimreise antrete. Kann doch nicht wahr sein …

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