Schottland im Pazifik

Die Unterkunft im Stall mag ein bisschen schlicht sein, aber das Bett ist gut. Das Wetter ist es leider nicht, denn es schüttet, obwohl laut wetteronline die Sonne scheinen müsste. Bis das Wetter seine Leitlinien gelesen hat gehe ich erstmal frühstücken. Hier haben wir Stallbewohner einen Vorteil vor den nobleren Lodgegästen, wir müssen nämlich nicht vor die Tür um zum Toast zu kommen, das Frühstück wird für alle Bewohner in der Stallgasse serviert. Sieht gut aus und ist auch gut.

Ich versuche die Zeit bis zum Auschecken noch etwas in die Länge zu ziehen, aber der Regen pladdert weiter aufs Dach. Kurz vor neun beschließe ich dass mir das jetzt egal ist, Regenjacke an, Koffer die Treppe runterwuchten, Tür auf, und … die Sonne scheint. Man könnte sich fast ein bisschen veralbert vorkommen.

Beim Checkout klopfe ich ein bisschen auf den Busch, ob vielleicht zufällig jemand vom staff heute vormittag Richtung Bushaltestelle fährt …? Nein, sorry, aber ich könne ja ein Taxi rufen. Das mache ich dann auch, denn zufuß wäre ich fast eine Stunde zur nächsten Bushaltestelle unterwegs. Und wie schön, das Taxi kommt sogar und bringt mich bequem bis zum Hotel unten in Dunedin. Oder vielmehr: oben in Dunedin, denn die Stadt verfügt über zahlreiche teils recht steile Hügel, und die steilste Straße der Welt liegt tatsächlich hier in Dunedin. Auch mein Hotel liegt am Berg, deshalb ist das Taxi schon recht praktisch.

Natürlich ist es noch zu früh zum Einchecken, aber ich darf wieder den Koffer hierlassen und mache mich dann sofort auf den Weg hinunter zur Stadt, wo ich in einen Bus Richtung Botanic Garden steige. Das Wetter muss ich ausnutzen.

Der Botanic Garden von Dunedin ist wieder ein Glückstreffer. Er ist ähnlich wie der Garten von Wellington am Hang gebaut, zwar nicht ganz so groß und nicht ganz so perfekt gestaltet, aber doch wirklich sehr schön.

Man kann sich problemlos länger dort aufhalten, und nur die Aussage von wetteronline, dass es morgen und übermorgen teils wolkig und regnerisch werden soll, treibt mich in die Stadt zurück, damit ich Dunedins historische Bauten auch noch bei Sonnenschein zu sehen bekomme.

Vorbei an ein bisschen Street Art

geht es nun also ran an die Historie. Da wäre an erster Stelle das meistfotografierte Gebäude der Stadt zu nennen, nämlich die Railway Station, die leider nur noch von Sonderfahrten angefahren wird und nicht mehr an den Nah- oder Fernverkehr angeschlossen ist.

Dann sind natürlich noch die Kirchen: St. Joseph (katholisch)

St. Paul (anglikanisch) mit einer Statue des schottischen Dichters Robert Burns davor:

und die First Church of Otago (presbyterianisch), die nicht so heißt weil sie das erste Kirchengebäude in Dunedin war sondern weil die Kirchengemeinde so hieß.

Vielleicht wäre eine Stadtrundfahrt eine gute Idee? Einfach in den voll besetzten Bus setzen, ein bisschen durch die Gegend fahren lassen und Informationen konsumieren?

Eigentlich hätte ich wissen müssen dass Radio Eriwan solche Absichten nicht goutiert. Hier fällt ihm nun aber nichts anderes ein, als das Programm von Wellington zu wiederholen: Letzte Tour für heute, Kleinbus, ich bin die einzige Teilnehmerin. Höfliche Aufmerksamkeit bitte!

Wieder bin ich hinterher ungleich gebildeter. Ich weiß dass die ersten Schotten 1848 hierhin kamen weil sie sich von der Presbyterianischen Kirche zuhause abgespalten hatten. Ich weiß dass Dunedin eingeenglischte Form des gälischen Namens für Edinburgh ist, und dass die Siedler viele Straßennamen einfach von Edinburgh übernommen haben (Princes Street, Canongate …). Ich weiß dass die Schotten viel Wert auf Bildung gelegt haben, weswegen es zahlreiche Schulgründungen hier gab, von denen aber keine so abgehoben ist wie zum Beispiel in Christchurch, wo man für einen Sohn im renommierten Christ’s College pro Jahr 40.000 NZ$ hinblättern darf.

Praktischerweise kann ich mit dem soeben erworbenen Wissen auch gleich renommieren. Ich stiefele vor dem Abendessen noch schnaufend hoch ins Hotel um meinen Schlüssel zu holen und mein Zimmer anzuschauen – sehr schön, genau meine Kragenweite:

die Aussicht vom Balkon ist super:

und auch der Aufenthaltsraum ist gemütlich:

Ich laufe dem Gastgeber über den Weg und finde mich kurz darauf mit einem Obstsaft, dem Gastgeber und einem älteren schottischen Ehepaar in der Lounge wieder, die auch zum ersten mal hier sind, und wir tauschen uns über Edinburgh, Dunedin und die Gründerväter aus.

Ich laufe wieder runter in die Stadt und esse bei Etrusco eine leckere Portion Farfalle mit Wildragout. Zurück geht es dann wieder deutlich langsamer weil steil berghoch.

Und nun bin ich gespannt was das Wetter morgen zu bieten hat!

 

 

 

 

3 Gedanken zu „Schottland im Pazifik

  1. Wie praktisch, dass wir vor etlichen Jahren in Edinburgh waren 😉

    Möge der Wettergott ein Einsehen haben und in den nächsten Tagen nur Sonne und Wärme bringen 🙂

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