Gast im Schloss

Ich habe sehr gut geschlafen und bekomme ein sehr gutes Frühstück. Sogar der Pickup klappt (immer eine der großen Fragen des Tages). Ein rappliger Kleinbus sammelt zunächst 6 Passagiere auf, alles ältere bis sehr alte Semester, und hinter der Stadtgrenze von Oamaru treffen Gaspedal und Fußboden aufeinander, um sich für die nächste Zeit auch nicht mehr zu trennen.

An den Moeraki Boulders (großen runden Felsen am Strand in der Nähe von Moeraki), die eigentlich laut Homepage des privaten Busunternehmers zu einem kurzen Fotostopp angefahren werden, rauscht der Bus allerdings vorbei. Nun ja, alle außer mir sind locals und sind nicht wie ich zum Sightseeing unterwegs sondern wollen vermutlich nach Dunedin zum Arzt, und spät dran sind wir außerdem noch, eine von den Passagieren ist schon in Zeitnot, also wirds leider nix mit den Boulders.

Eine der älteren Damen wird in einem Vorort von Dunedin  zu einem Privathaus gebracht, und die anderen 5 steigen allesamt am Krankenhaus aus. Jetzt braucht der Fahrer nur noch mich noch schnell nach Larnach Castle zu bringen. Nur noch grade mal eben … von wegen. Larnach Castle befindet sich auf der Otago Peninsula, und von Dunedin aus ist das nochmal fast eine halbe Stunde Fahrzeit. Immerhin bekomme ich auf diese Weise etwas von der Halbinsel Otago zu sehen, die ein beliebtes Ziel für Eco- und Wildlife-Touren ist.

Gegen 11 Uhr bin ich schließlich da, deutlich zu früh da mein Zimmer noch nicht fertig ist. Mein Koffer wird schonmal zwischengelagert, und ich bekomme im Ballroom Café ein schnelles kleines Mittagessen bevor ich mir den Schlossgarten anschaue.

Larnach Castle wurde in den 1870er Jahren von dem Industriellen und Banker William Larnach erbaut, der sich auf der Otago Peninsula seinen Traum von einem eigenen, hochherrschaftlichen Besitz verwirklichte. Mit einer grandiosen Aussicht.

Sein Privatleben war dann leider nicht wirklich glücklich, zwei Ehefrauen starben, in den 1890ern kam er in finanzielle Schwierigkeiten, wurde von seiner dritten Frau mit seinem Sohn betrogen und beging schließlich Selbstmord. Nach wechselvoller Geschichte kam das Schloss Mitte der 1960er Jahre in den Besitz eines jungen Ehepaares, das sich auf einer Urlaubsreise in das Gebäude verliebt hatte und nun alle Zeit und alles Geld in die Instandsetzung steckte. Eine vorherige Besitzerin hatte sich schon um den Garten gekümmert, und die neue Besitzerin sorgte für weitere Pflege und Ausbau.

Das Ergebnis ist ein liebevoll gepflegter, abwechslungsreicher Garten mit Pflanzen aus verschiedenen Klimazonen.

Es bewölkt sich, Wind kommt auf, jetzt wirds kühl. Zeit für einen Devonshire Tea.

Für Hausgäste ist die Besichtigung des Castle kostenlos. So gegen halb vier kann ich das Castle dann besichtigen ohne überall eine Gruppe Chinesen im Bild zu haben, also los.

Die Eingangshalle ist wie die oberen Flure mit Mosaikfußboden belegt.

Im Erdgeschoss liegen das Arbeitszimmer,

die Bibliothek,

ein ziemlich dunkles Esszimmer, und daneben der Salon für die Damen.

Über eine wunderschöne Treppe geht es in den ersten Stock,

zu den Schlaf-, Ankleide- und Gästezimmern. (Es gibt auch ein richtiges, marmornes aber steinkaltes Bad, vermutlich hat man deshalb doch die Sitzbadewanne vor dem Kamin bevorzugt.)

Ganz oben ist das Kinderzimmer, ein kleines Bad und die Kammer der Kindermädchens.

Über eine enge Steintreppe mit gefährlich kleinen Stufen erreicht man die Aussichtsplattform mit Blick über das Schlossgelände.

Larnach Castle bietet auch Übernachtungsmöglichkeiten an. Man wohnt dann allerdings nicht im Schloss, sondern entweder in der Mitte der 1970er Jahre erbauten Lodge, oder (wenn einem die 300 NZ$ pro Nacht zu hoch erscheinen) im umgebauten Stall, in niedrigen aber gemütlich eingerichteten kleinen Zimmern mit Gemeinschaftsbad auf dem Flur. Ist ja nur für eine Nacht.

Man kann im Schloss zu Abend essen, das ist zwar sicherlich ein gediegenes Ambiente aber es ist auch ziemlich teuer, und da ich im Moment durch die Erkältung sowieso nur Winzportionen esse (also noch kleinere als ohnehin schon …) würde man damit Perlen vor die Ferkel werfen. Das riesige Scone mit Clotted Cream und Jam von heute Nachmittag hält richtig lange vor, und wenn der Hunger doch noch kommt, werde ich ihn mit ein paar Müsliriegeln füttern.

Jetzt fängt es doch wahrhaftig an zu regnen. Ich werde ein bisschen fernsehen (selbst im sogenannten Stable Stay hat jedes Zimmer nicht nur einen Konvektor sondern auch einen Fernseher, und einen Wasserkocher) und meine Reiseführer zum Thema Dunedin durchblättern, wo ich ab morgen 3 Tage verbringen werde.

6 Gedanken zu „Gast im Schloss

  1. Im Stall scheint es doch gemütlich zu sein.
    Etwas mehr Nahrung wäre aber auch nicht
    verkehrt. Man braucht für die Reise schon Kraft!

    • Warte nur bis du alle meine Fotos in Großformat siehst, ich kann ja immer nur einen Bruchteil hier einstellen. Ich hab massenhaft Gartenfotos 🙂

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