Von Nord nach Süd

Weil es heute morgen schnell gehen muss, frühstücke ich nochmal im Hotel. Ein angemüdeter junger Kellner ist damit beschäftigt, das Frühstücksbüffet aufzubauen. Ich möchte aber kein Büffet sondern das sogenannte Express Breakfast (Tee und Toast), und Toast ist auf dem Büffet nicht zu sehen. Da er nicht hochschaut und mich deswegen auch nicht sieht gehe ich zu ihm hin und sage dass ich gerne Toast möchte. Daraufhin schaut er beinahe mitleidig und sagt „Oh, you’ll be wanting the EXPRESS Breakfast then, right?“ Right, junger Mann, gerne auch jetzt sofort, ich werde nämlich nachher upgepickt. Ich bekomme meinen Toast, und das Hotel hat sich heute selbst übertroffen und 2 Teebeutel in die Kanne gehängt, jetzt schmeckts sogar nach was.

Ich checke aus und werde sehr pünktlich von einem Taxi mit einem hünenhaften Pacific-Island-Fahrer abgeholt, der mich zügig zum Fährterminal bringt. „19 Dollars“ sagt er und zeigt auf die Taxiuhr. Zum wievielten Male erkläre ich das jetzt mit dem account job? Er schüttelt den Kopf: „They said nothing about that.“ Ich wiederhole dass das ein account job ist und die Travel Agency die Kosten trägt. „No account“ sagt er, obwohl er noch nicht mal gefragt hat wie die Agency heißt. Da wir früh genug sind fühle ich mich zum Glück nicht unter Zeitdruck und erkläre gerne zum dritten mal, dass nicht ich das Taxi bezahle sondern die Travel Agency. Er beharrt darauf dass ich bezahlen soll, erst als ich sage dass das bei dem Taxi, das mich vor ein paar Tagen vom Bahnhof zum Hotel gebracht hat, aber durchaus funktioniert hat, schaut er auf sein Display, guckt schnell etwas nach und steigt dann aus, holt meinen Koffer aus dem Kofferraum, stellt ihn mir wortlos hin um danach grußlos davon zu fahren.

Immer dieser Hickhack …

Die Wartehalle der Interislander Ferry ist schon gut gefüllt, aber am Schalter geht’s schnell, ich zeige meinen Voucher, bekomme mein Ticket und muss meinen Koffer einchecken. Nach ein bisschen Wartezeit wird die Fähre geöffnet und ich gehe sofort hoch auf Deck 10, das Freiluft-Oberdeck, denn die Sonne lacht vom Himmel und ich möchte diese Fährfahrt, die laut Reiseführer eine der schönsten der Welt sein soll, nicht von der Innenkabine aus sehen – bzw. von einer der zahlreichen gut ausgestatteten Innenkabinen, denn was ist das für eine Luxusfähre! Mit Kinosaal, Spielplatz, Schnellrestaurant und richtigem Bistro. Ich sitze nun aber erstmal gut draußen in der Sonne und werfe einen letzten Blick auf Wellington.

Wir legen pünktlich ab, und langsam schippert die Fähre weg von Welligton, um eine Landzunge herum und raus aufs offene Meer. Zum Glück haben wir nur wenig Seegang, und selbst auf offener See schaukelt das behäbige Monstrum nur minimal. Für den sportlich aussehenden jungen Menschen, der auf dem Oberdeck neben mir sitzt, scheint das aber genug zu sein, ächzend  beugt er sich vor und steckt mit geschlossenen Augen den Kopf zwischen die Knie, und genau so wird er die knappe Stunde verbringen, die wir auf offener See sind, er richtet sich ein- oder zweimal probeweise auf, sackt aber gleich wieder in sich zusammen.

Erst als wir an der Südinsel ankommen und in den ersten Fjord einfahren, lässt das Schaukeln nach und der arme Mensch wird wieder lebendig. Und nun kommen auch die Leute aufs Oberdeck, die bisher drinnen gesessen haben, und eifriges Fotoapparatklicken hebt allenthalben an.

Zwei Mädels so um die 18 oder 19 Jahre können sich vor Begeisterung kaum halten und unterhalten das ganze Oberdeck in Hochdezibel-Euphorie: „Oh my god! Oh my god, look at the water! The green water! Oh my god, this is SO SO beautiful! New Zealand’s the most beautiful country in the world! Oh my god, I’m on the South Island!“ Neben mir guckt sich ein mittelaltes Ehepaar leicht entnervt an: „Some enthusiasts …“

Gegen halb eins legen wir in Picton an, und während die ersten LKWs von der Rampe rollen dürften die Foot Passengers schonmal zur Gepäckausgabe, die wie am Flughaften über ein Gepäckband läuft. Da merkt man erstmal, wie viele Leute auf so ein Schiff passen, Koffer folgt auf Rucksack folgt auf Duffel Bag folgt auf Koffer, sogar ein Golfbag ist dabei. Es dauert eine geschlagene Viertelstunde bis mein Rollrucksack auftaucht. Glücklicherweise ist die InterCity-Bus-Haltestelle gleich neben dem Baggage Claim.

Die Sonne scheint hier noch ein paar Grad wärmer als in Wellington, einfach weil der Wind längst nicht so stark ist. Im Bus packen erstmal alle ihre Jacken weg, und während der gut zweistündigen Fahrt nach Nelson machen viele ein kleines Nickerchen.

In Nelson wiederholt sich das inzwischen eingespielte Taxi-Szenario: Elke da, Taxi weg. Wieder rufe ich beim Betreiber an, und sofort kommt ein Ersatztaxi das mich die paar hundert Meter zum Hotel fährt. Die hätte ich eigentlich auch gehen können, aber egal, wenn es bestellt ist nehme ich es halt. „Where will you be staying?“ fragt der diesmal wieder sehr freundliche Fahrer. Und als ich mein Hotel nenne, sagt er lobend „That’s a very nice place to stay!“  Und er hat völlig Recht.

Durch Nelson fließt das Flüsschen Maitai (nein, hat nix mit Mai Tai zu tun, und die Enten am Fluss sind auch nicht alle besoffen …), und direkt am Fluss liegt mein Hotel. Und nach dem anonymen mittelprächtigen Wellingtoner Hotel ist das hier eine echte Wohltat. Ich habe ein Zimmer im zweiten Stock mit Balkon zum Fluss hin, mit einem richtigen Badezimmer, hübsch eingerichtet.

Und die Damen an der Rezeption sind ganz reizend und hilfsbereit. Das ist auch nötig, denn es gibt Unstimmigkeiten. „Welcome! So, you’ll be having room XY. You’re staying for four nights?“ Öhhhhmmm … No, I’m not. Ich bin heute Nacht hier, dann bin ich zwei Nächte im Abel Tasman Nationalpark und dann wieder ein Nacht hier, also insgesamt nur zwei Nächte hier im Hotel. Es stellt sich nach Rückfragen heraus, dass die Travel Agency, die in Vertretung für das deutsche Reisebüro hier in NZ für mich zuständig ist, ihrerseits wieder eine Art Subunternehmer genutzt hat um die Buchung vorzunehmen, und irgendwo in der Kette hat sich ein Fehler eingeschlichen. Aber die Damen sind weiter absolut reizend, nein, ich soll mir keine Sorgen machen, sie werden sich kümmern, ich brauche nur für meine beiden genutzten Nächte zu unterschreiben.

Ich sammle das vom Wandertour-Veranstalter bereits hier abgelieferte Lodge Luggage Bag ein (für das Gepäck das man im Park braucht, aber nicht selbst schleppen wird), lasse alles im Zimmer fallen und gehe erstmal ein bisschen einkaufen (Müsliriegel für die nächsten Tage) und dann ein bisschen spazieren. Ist das lauschig hier!

Ich esse im Hotel zu Abend (eher teures Restaurant, aber gutes Essen), höre von meiner Mutter dass meine Katzen wider Erwarten doch erziehbar scheinen (sie hat mit dem Kater geschimpft, und seither mault er abends nicht mehr :-D) und melde mich jetzt vermutlich für die nächsten drei Tage ab. Im Abel Tasman Nationalpark ist die Netzabdeckung eher lückenhaft, ich weiß also nicht ob ich genug Verbindung für den Blog haben werde. Ich werde jetzt mein Übernachtungsbag packen, das wird morgen mit dem Boot zu der Lodge transportiert zu der wir wandern, der Koffer bleibt entweder beim Tourveranstalter oder eventuell auch hier im Hotel. Die Wettervorhersage sagt für morgen nochmal einen Sonnentag voraus, die beiden darauffolgenden Tage sind als „heiter bis wolkig mit Schauern“ bei wetteronline gekennzeichnet, für alle Fälle wird also Regenzeug eingepackt.

Wish me luck!

 

Ein Gedanke zu „Von Nord nach Süd

  1. Das sieht wirklich sehr hübsch dort aus 🙂

    Ist natürlich schade, dass wir jetzt drei Tage auf dich verzichten müssen aber dafür hast du dann Natur pur 😉

    Good luck 🙂

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