Was lange währt

… wird irgendwann müde.

Die Hinreise hat gut geklappt. Alle Bahnen pünktlich, es gab in Frankfurt ein kleines Misssverständnis bezüglich des Gates aber dank eines ausreichenden Zeitpolsters gab es keine Probleme. Der Flieger ist pünktlich los und hat seine Fluggäste nach knapp 12 Stunden ermattet aber wohlbehalten im Flughafen Changi in Singapur wieder ausgespuckt. Wir sind also mit schmerzenden Gliedern (irgendwann tun einem halt die Beine weh, da hilft kein noch so beqemer Sitz) aus der Boeing 777 gekrochen und direkt einem freundlichen Servicemitarbeiter in die Hände gelaufen, den man bezüglich der Anschlussflüge befragen konnte. Der hat mich dann erstmal quer durch den ganzen Transitbereich bis zum anderen Ende geschickt, wo ich dann feststellen durfte dass das Abfluggate kurzfristig geändert wurde: Das richtige Gate ist jetzt genau da, wo der freudliche Servicemitarbeiter gestanden hatte. Also quer durch den ganzen Transitbereich zurück. Auch hier dank des üppigen Zeitpolsters kein Problem. Leider haben wir Umsteigler nun den berühmten Eingangsbereich von Changi gar nicht zu Gesicht bekommen, aber wir waren auch gut mit Hin- und Herrennen beschäftigt: Das richtige Gate ist jetzt wo? Wo kriegt man die kostenlosen Voucher für Verzehr und Duty Free? Allein die Suche nach der Stelle die die Voucher ausgibt hat über eine halbe Stunde gedauert, und der Prozess der Ausstellung wirkt als wäre er eins zu eins aus dem deutschen Behördenhandbuch kopiert – und wo zum Kuckuck ist das Free Wifi? Ach da muss man sich für anmelden? An welchem Schalter denn? Ach, gar nicht am Schalter sondern am Automaten? Und der will erstmal den Reisepass einlesen? Und dann kriegt man einen Anmeldecode, der circa 15 Sekunden sichtbar bleibt, und wehe man braucht 16 Sekunden um einen Stift zum Notieren zu finden, dann verfällt der Code … Drei deutschsprachige Transitreisende haben zusammengearbeitet um die Rätsel Free-Wifi-Anmeldung zu lösen, und nur 2 haben es schließlich geschafft.

Und nach dem Einchecken des Handgepäcks (überall sind die Regeln ja anders, diesmal mussten keine Flüssigkeiten in durchsichtige Plastikbeutel separiert werden, dafür durfte die gerade erst im Transitbereich erstandene Flasche Wasser partout nicht mit) wartete vor dem Fenster des Gates dann der Airbus 380, der uns nach Auckland bringen sollte. Das ist wirklich ein ziemlicher Brummer. Die Boeing vom Hinflug wirkt daneben recht blass, ein Eindruck der sich im Inneren noch verstärkt. Der Airbus ist natürlich neuer, hat nach allen Seiten und nach oben mehr Platz und ist luftiger und moderner als die vermutlich schon etwas in die Jahre gekommene 777. Und wenn man dann noch Premium Economy fliegen kann statt der üblichen Holzklasse, dann kann man den langen Flug wirklich ganz gut aushalten, im Airbus haben sich Gelenkschmerzen erst wesentlich später eingestellt. Das Nonplusultra wäre natürlich die erste oder die Business Class, die können nämlich aus ihrem Sessel ein Bett basteln, leider kostet die Sache dann etwa dreimal soviel wie Premium Economy.

Die Fluggesellschaft muss ich hier aber schonmal loben, Singapore Airlines bietet nicht nur guten Service sondern auch durchaus gutes Essen. Natürlich ist wie überall am Himmel sonst auch alles in Plastik verpackt, aber die Möglichkeit, sich schon zuhause die Speisekarte anschauen und aus gefühlen 20 verschiedenen Menüs eins bestellen zu können ist schon praktisch. Die Menüs sind naturgemäß asia-lastig, aber sie schmecken wirklich nicht schlecht, und die Croissants zum Frühstück waren schön warm. Zwischendurch bekommt man immer wieder heiße Handtücher gereicht oder Snacks, Getränke oder Eis angeboten. Und die Crew war immer nett und hilfsbereit. Und auch das Entertainmentsystem ist nicht von schlechten Eltern, neben etwa 30 neuen Spielfilmen, die teilweise noch im Kino laufen, und noch etwa 50 weiteren Spielfilmen und massenhaft Serien gibt es noch Dokus und Musik und diverse Spiele. Für Unterhaltung ist also reichlich gesorgt, aber wenn der Flug abends um 21 oder 22 Uhr losgeht ist nach dem ersten Spielfilm sowieso erstmal Sense, da sieht man nach und nach die Leute vor ihren Displays einnicken, langsam wird das Kabinenlicht gedimmt und schwuppdiwupp schnurcheln 300 Leute in schönster Einigkeit vor sich hin.

Und bevor man sich versieht nuschelt der Kapitän auch schon was von „we will begin our descent to  Auckland International Airport“ ins Bordmikro – du liebe Güte, wir sind wahrhaftig da. Als erstes müssen die während des Fluges auszufüllenden Einreisefragebögen vorgelegt werden: Wie lange werden Sie bleiben? Wenn Sie länger bleiben als vorgesehen werden Sie strafverfolgt. Haben Sie womöglich Obst dabei? Melden Sie es an oder zahlen Sie 400 NZ-Dollar Strafe. Outdoor-Ausrüstung? Zeigt her eure Schuhe … Okay. Dann das Gepäck vom Band holen: Donnerwetter, mein Rollrucksack kommt wir quasi vor die Füße gerollt, es kann sofort weitergehen. Jetzt noch an dem Hund vorbei der verstecktes Obst, vergessene Butterbrote oder eingeschleppten Schlamm erschnüffeln kann … der Hund wedelt höflich, seine Hundeführerin ruft einem fröhlich „Thank you!!!“ hinterher, und dann steht man auch schon in der Ankunfthalle. Schnell noch neuseeländische SIM-Karten besorgen, dann den ersten Voucher zücken: Taxi zum Hotel. Das Taxi steht schon bereit und bringt mich und zwei andere in 20 Minuten nach Auckland rein. Schon auf dieser Fahrt fällt auf dass in Auckland Großstadtfeeling wirklich nur im CBD, im Central Business District, aufkommt. Im Reiseführer steht, dass das Streben der Kiwis nach freistehenden Häusern mit nicht zuwenig Land drumrum dazu geführt hat, dass Auckland eine breit ausufernde aber in den Bereichen außerhalb des Zentrums nahezu ländlich anmutende Großstadt geworden ist. Die Stadtrundfahrt, die ich nach einem kurzen Einchecken im Hotel noch mache, bestätigt den Eindruck. Außerhalb des CBD kaum eine Spur von enger Bebauung, geschweige denn von Gebäuden die mehr als 3 Stockwerke haben (mal abgesehen von Krankenhäusern oder der Universität), nur sehr selten steht mal irgendwo ein Firmenhochhaus, und die wirken dann so deplatziert dass man meint sie würden sich ständig in leicht gebückter Haltung für ihre Größe entschuldigen.

Ich bekomme ein paar Landmarks zu sehen (Ferry Building, Auckland Museum, Sky Tower) und springe beim Eden Garden vom Hop-on-hop-off-Bus herunter, um mich dort eine Stunde lang umzusehen. Vielleicht könnte man hier von einem botanischen Urwald-Garten sprechen, das Gelände liegt am Berg und ist sehr eng, neben ein paar alten Bekannten wie Hortensien, Taglilien und Achilleen (alle in voller Blüte, während im Shop noch die Weihnachtsdeko hängt) strotzt der Garten wie Auckland überhaupt vor Baumfarnen (im Stadtgebiet gibt es außerdem riesige Agapanthus, beinahe an jeder Ecke, und ganze Straßenzüge mit lila blühenden Jacaranda-Bäumen). Durch die enge, steile Lage und die verwinkelten Wege, die auch noch reichlich berieselt werden, wähnt man sich im Regewald.

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Und wenn man erst die Vogelstimmen hört meint man vollends man sei am Amazonas unterwegs. Komische Vögel sind das, sie geben Töne von sich dass man meint einen minderbegabten Vogestimmenimitator zu hören, sie quaken und keckern und flöten unflätig herum, und manch einer scheint einfach ein paar Klingeltöne auswendig gelernt zu haben. Wenn man die frechen Viecher nicht herumflattern sähe könnte man fast glauben, im Gebüsch wären Mikros versteckt und irgendwo hinter einem riesigen Farn filmt jemand die dummen Gesichter der Besucher, die sich bei solch albernem Gepiepe irgendwann vergackeiert vorkommen weil einfach kein normaler, gesitteter europäischer Vogel solche schon beinahe satirisch anmutenden Laute von sich geben würde.

Aber es laufen auch noch andere komische Vögel da herum:

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(Ziemlich aufgeplüscht … Könnte vielleicht an der hohen Luftfeuchtigkeit liegen.)

So gegen 15 Uhr macht sich dann doch der Jetlag bemerkbar. Nur noch schnell was essen … Nach zwei asiatische Essen an Bord wär mir jetzt so richtig nach Pizza. Dumm nur, dass Pizza offenbar nicht in Mode ist. Nirgends eine Pizzeria oder überhaupt irgendein Italiener zum Hinsetzen, dafür massenhaft asiatische Restaurants. Och nö … Da, endlich! Doch halt: „Closed, see you all on January 4th!“ Mist, die haben Weihnachtsferien. Überhaupt komisch, wenn über der Straße ein riesiger Weihnachtsmann mit zwei riesigen Rentieren hängt, während untendrunter massenhaft asiatischer Touristen in T-Shirts und FlipFlops und der ein oder andere Kiwi auch mal barfuß unterwegs ist. Weird world.

Hier ist es jetzt gleich halb neun Uhr abends. Gute Nacht …

3 Gedanken zu „Was lange währt

  1. Liebe Elke,
    das Huhn ist umwerfend, ich hoffe, Du siehst es noch öfter. Und die Beschreibungen der Vögel einfach herrlich … ich hoffe, Du kannst das auch lesen …
    nochmal liebe Grüsse Gaby

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